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Nr.
2/2004 |
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Gestaltende Frauen I Gertrude Durusoy (Izmir) Fatima Festic (Los Angeles) Gabriella Hima (Budapest) Ludmilla Kostova (Veliko Tirnovo, Bulgarien) Regula Rohland de Langbehn (Buenos Aires) Alessandra Schininà (Catania, Italien): Munira Shahidi (Dushanbe): Elin Nesje Vestli (Halden, Norwegen): Zhou Qin (Beijing/Stuttgart): Andrea Rosenauer (Kairo/Wien): Gerhard Harbata (Wien): Berichte / INFORMATION / REZENSION Ausstellung zu "Jura Soyfer" - "Jura Soyfer" im Depot - Schrappeneder liest Jura Soyfer - Felix Kreissler (1917 bis 2004) - Egon Matzner (1938 bis 2003) - Frauenlinks - Bruno Kreisky Anerkennungspreis - Das Verbindende der Kulturen - Bettina Balàka - Die Dramatikerin
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Editorial | Große Veränderungen kündigen sich meist nicht in symbolhaften Akten an. Vielmehr nehmen symbolhafte Akte meist Bezug auf etwas, das bereits war, sich als bedeutsam und prägend erwiesen hat. So ist dies mit den heurigen Veranstaltungen in Österreich, so ist dies aber auch mit vielen symbolischen Akten im internationalen Leben. Auch wenn Frauen im 21. Jahrhundert oft noch viele Rechte vorenthalten werden, auch wenn in Österreich das Verhältnis der Einkünfte zwischen Mann und Frau weiter auseinander klafft und einige ihre Vorstellungen von Sexualität und Familie via Gesetz anderen aufzwingen möchten (und dabei stets von der Zurückdrängung der Rolle des Staates sprechen, wenn es um die sozialen Interessen geht), so sind Frauen doch zu wesentlichen gestaltenden Subjekten der Gegenwart geworden. Diese neue Rolle drückt sich in fast allen Bereichen aus und ist nicht immer positiv, sondern auch durchaus mit Gewalt und Krieg verbunden (zum Beispiel im Folterskandal im Irak oder die Rolle von Margret Thatcher als "eiserne Lady"). Auch waren Frauen immer wieder bedeutende Gestalten als Herrscherinnen und als solche auch für Unterdrückung und Krieg verantwortlich. In dieser Nummer der Zeitschrift geht es aber nicht um Macht, Gewalt und Krieg, sondern um die Transformation alter Gesellschaften, die heute zwar an Bedeutung verloren haben, aber ähnlich dem Adel weiter existieren. In dieser Transformation spielt die Vorstellungsbildung eine immer größere Rolle. Das zeigen auch die Beiträge im Buch "Das Verbindende der Kulturen" (siehe Titelseite). Noam Chomsky (Massachusetts) analysiert in diesem Buch den Aufbau von staatlichen Propaganda-Einrichtungen. Andreas Mailath-Pokorny stellt die neue Rolle der Städte vor. Erhard Busek betont die Bedeutung der Kultur für ein transnationales Europa. Peter Horn (Johannesburg) sieht in der Sprache ein Verbindendes der Kulturen, da sie - bei aller Vielfalt - den Menschen gemeinsam ist. Katérina Stenou arbeitet die Bedeutung der UNESCO in den heutigen transnationalen Prozessen heraus - als einer Institution der Vorstellungsbildung. Die Europäische Union ist davon noch weit entfernt, wie die Beiträge von Mercedes Echerer und Christa Prets zeigen. Kulturpolitik muß in den europäischen Prozessen erst noch Fuß fassen - wie überhaupt Politik. Anton Pelinka stellt in diesem Kontext die (Un-)Möglichkeiten einer transnationalen Demokratie dar - einer Politik jenseits des Staates. Diese und weitere Beiträge zeigen: die Vorstellungsbildung gewinnt an Bedeutung, sie findet neue Formen der Organisation. Sie wird versucht zu instrumentalisieren. Zugleich aber wächst die Bedeutung der Demokratie, der Politisierung (im positiven Sinne der Wahrnehmung der eigenen Interessen durch die Individuen), der Beweglichkeit, der Öffentlichkeit. In dieser Nummer der Zeitschrift kommen nun Frauen zu Wort, die nicht im Sinne der Herrschaft über andere Gestaltende sind. Vielmehr geht es um Kreativität und Ermöglichung von Kreativität. Obwohl Rahmenbedingungen durch die UNESCO, den Europarat, die Europäische Union wohl noch lange nicht geschaffen werden, praktizieren sie bereits weltweit eine andere Form des Herangehens. Im Gegensatz zur Rechtspolitik in verschiedenen europäischen Staaten und in den USA geht es aber in diesen Gesprächen nicht um Brüche, Ausgrenzungen, sondern es geht darum, neues ausfindig zu machen. Dieses Neue kann sich in einer neuen Themenstellung ankündigen, in neuen Formen des Unterrichts, aber auch im Umgang mit großen, prägenden Ereignissen, die nicht immer die Wirkung hatten, die ihnen in den Schlagworten der Medien zugeschrieben werden. So wird es sicherlich die meisten überraschen, daß die Frauen in der Türkei den gleichen Lohn wie die Männer erhalten (und schon das wäre wohl für manche ein Grund, die Türkei nicht als neues Mitglied in die Europäische Union aufzunehmen). Für viele von uns ist auch das Jahr 1989 noch Gegenwart, während Betroffene wie Ludmilla Kostova es bereits als Geschichte betrachten. Kaum ins Blickfeld rücken auch andere Prozesse wie in Zentralasien, obwohl führende Intellektuelle wie Munira Shahidi von Eurasien sprechen, sich um Interkulturalität bemühen. In den Online-Interviews, die nicht nach Reizworten geführt wurden, sondern versuchten, der Selbstdarstellung möglichst viel Raum zu lassen - und damit auch der Gewichtung dessen, was bedeutsam ist - kommt immer wieder zum Ausdruck, daß gemeinsame - grenzüberschreitende - Interessen wahrgenommen werden sollen. Es sind zehn Frauen mit sehr unterschiedlichen Biographien, die zum Teil - wie Fatima Festic in Bosnien - den Horror am eigenen Leib erlebt haben oder wie Elin Nesje Vestli in Norwegen aufgewachsen sind, in dem in Sachen Gleichberechtigung bereits viel durchgesetzt werden konnte. Sie alle haben gemeinsam, daß sie als Universitätslehrerinnen, als Museumsdirektorin, als ÜbersetzerInnen nicht nur in ihrem eigenen Land einiges zur Gestaltung beigetragen haben, sondern auch zur Gestaltung der inter- und transkulturellen Beziehungen. Sie verfügen über eine solide Ausbildung, haben aber auch selbst viel dazu beigetragen, Lehre und Forschung neu zu gestalten. Abgeschlossen wird dieser erste Schwerpunkt (ein zweiter Schwerpunkt folgt mit der Nummer 4/2004) mit einem Beitrag von Gerhard Harbata, der die Geschichte der Erfindungen neu interpretiert. So wie sich in anderen Fällen Athen als schwarzes Athen erweist (vergleiche auch den Beitrag von Martin Bernal im Buch "Das Verbindende der Kulturen", so wird hier - freilich ohne detaillierte Quellenbezüge - die gesellschaftliche Rolle der Frau neu dargestellt. In dieser Nummer wird aber auch zweier Männer gedacht, die verstorben sind, und die beide wesentlich zu einem neuen Geschichtsbild beigetragen haben: Felix Kreissler (1917 bis 2004) und Egon Matzner (1938 bis 2003). Es ist heute kam mehr vorstellbar, wie schwer es noch vor kurzem war, Österreich als wissenschaftlichen Begriff zu verwenden. Noch in den 70er und 80er Jahre wurde dieser Begriff zum Beispiel von Gutachtern des Fonds zur Förderung Wissenschaftlicher Forschungen abgelehnt. Felix Kreissler hat wesentlich dazu beigetragen, diesen Begriff historisch verständlich zu machen. Und Egon Matzner ist ein essentieller wissenschaftlicher Beitrag zur Friedenskultur zu verdanken. |
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