[Foto: Mag.a Barbara Sabitzer]
Bezirksvorsteher von Simmering
23.11.2023
Festsaal der Bezirksvertretung Simmering
Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich freue mich, Sie heute im Festsaal der Bezirksvertretung Simmering begrüßen zu dürfen. Immerhin gibt es einige Verbindungen zwischen Jura Soyfer und diesem Wiener Bezirk. Darunter erschien am 23. Oktober 1932 das Gedicht „Simmering“ von Jura Soyfer in der „Arbeiter-Zeitung“.
Die Jura Soyfer Gesellschaft, die heuer 35 Jahre alt wurde, wurde zunächst im 1. Bezirk im Alten Rathaus gegründet und hatte dort auch ihr Büro. Mit Herbert Arlt, der sich seit 1978 für Soyfer engagiert, seit 1989 der wissenschaftliche Geschäftsführer der Jura Soyfer Gesellschaft war und seit 2011 deren Vorsitzender ist, zog die Jura Soyfer Gesellschaft 1996 nach Simmering. Vor 10 Jahren, im Jahre 2013 wurde das Jura Soyfer Zentrum in Simmering gegründet. Dieses Zentrum besteht aus der Volkshochschule Leberberg, der Bücherei Leberberg und der Jura Soyfer Gesellschaft (alle: Rosa-Jochmann-Ring), die in über 50 Ländern tätig ist.
Die Verlegung des Vereinssitzes in den Arbeiterbezirk Simmering erfolgte als bewusster kulturpolitischer Akt. Die Veranstaltungen reichten vom Obdachlosen Café bis zu hochrangigen Veranstaltungen im Jura Soyfer Zentrum. Wichtig war bis zur Pandemie die Zusammenarbeit mit Schulen. Darunter kam es im Rahmen der Wiener Bezirksfestwochen zu einer Aufführung des Vagabundenliedes von Jura Soyfer in 14 Sprachen. Das waren die Sprachen, die in einer Schulklasse in der Bruno-Kreisky-Schule am Leberberg gesprochen wurden. In über 50 Sprachen sind Texte von Jura Soyfer bisher übersetzt worden.
Wichtig aber waren auch die Aufführungen von Soyfer Stücken durch das Volkstheater in der SiMMCity. Zuletzt das Soyfersche Stück „Der Lechner Edi schaut ins Paradies“. Ein Stück über einen Arbeitslosen, der eine Zeitreise bis zum Paradies unternimmt, um herauszufinden, wer an der Arbeitslosigkeit schuld ist.
Die Veranstaltungen zu Jura Soyfer sind auch in diesem Sinne Veranstaltungen des Miteinanders. Jura Soyfer wurde am 8.12.1912 im zaristischen Kharkow als Sohn einer jüdisch-russischen Kaufmannsfamilie geboren. Seine Muttersprache war Russisch und früh lernte er Französisch, schrieb seine ersten Gedichte in Französisch.
1920 kam er mit Vater, Mutter, Schwester als Flüchtling nach Wien. Heute ist sowohl in Wien eine Straße nach ihm benannt als auch im heutigen Charkiw, das nun in der Ukraine liegt und weitgehend seit 2022 zerstört wurde.
Soyfer ist ein Beispiel eines Flüchtlings, auf den Wien, Österreich stolz sein kann. Früh bekannte er sich zu Österreich, als noch viele Hitler den Weg für die Besetzung Österreichs 1938 ebneten. Er und viele seiner Freunde sind für Österreich gestorben. Es gibt aber auch die, die den Terror und den Krieg überlebt haben und sich seit den 1930er Jahren für die Verbreitung des Werkes von Jura Soyfer einsetzten: Herbert Steiner, Mitbegründer des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes, der als Jugendlicher nach England flüchten konnte und mit dem späteren Burgschauspieler Otto Tausig die Soyfer Texte in England sammelte, die 1947 erstmals gedruckt in Wien erschienen, Alfredo Bauer, der bereits in den 1940er Jahren Soyfer auf argentinische Bühnen brachte, Leon Askin, nach dem heute ein Gemeindebau in Wien benannt ist und das Stück „Der Weltuntergang“ auf die Bühne brachte.
Heute werden Sie über das Stück „Der Weltuntergang“ sprechen: seine Bedeutung für Simmering, seine literarischen Formen, die Vertonungen seiner Werke, die Aufführung am Goethe Gymnasium in Wien. Wichtig auch der Beitrag von Tony Britten, einem bekannten Komponisten und Filmemacher aus London, der sein Projekt „Astoria“ vorstellen wird.
Ich wünsche ihnen einen produktiven Tag im Festsaal in Simmering.
Alles Gute