Das virtuelle Soyfer Archiv

Vorhaben zur Erweiterung

Barbara Sabitzer (Wien | Vienna)

Es hat schon seit Jahren den Versuch gegeben, für das Einscannen von Dokumenten, Texten, Bildern etc. zu Jura Soyfer eine ermöglichende Finanzierung zu bekommen. Das gelang auch immer wieder. Aber Hunderte wissenschaftlicher Artikel sowie Dokumentationen zu künstlerischen Projekten, Tausende Dokumente, Bilder etc. warten noch auf eine Publikation. Nun startet die Jura Soyfer Gesellschaft erneut einen Anlauf.

Von der Vielzahl des zu Publizierenden nehme ich zwei Beispiele heraus, die einen Teil des Vorhabens ausmachen. Zum Einen geht es um Zeitungsartikel von den 1950er Jahren bis heute, die rund um Soyfer-Theater- Aufführungen, aber auch Lesungen, Vertonungen, Hörspielen erschienen sind. Zum Anderen geht es um die Zeitschrift „Jura Soyfer“ deren Nullnummer 1989 erschienen ist und von der bis 2007 insgesamt 54 Nummern von der Jura Soyfer Gesellschaft herausgegeben wurden.

Zu den Zeitungsartikeln:
Diese füllen einen dicken A4-Ordner der momentan bei der Alfred Klahr Gesellschaft in Wien aufbewahrt wird. Auf normalem Din A4 Papier sind kleinere und größere, gelegentlich auch lange und ausführliche Artikel aus verschiedenen Tages–, Wochen- und Monatszeitschriften geklebt. Meine erste Sichtung des Materials vor drei Jahren etwa ergab, dass diese Artikel meiner Einschätzung nach keine 10 Jahre mehr „überleben“ würden so sehr verschlissen und vergilbt sind diese zum Großteil schon.

Interessant ist an diesem Material nicht nur, dass es dokumentiert, wo und wann welches Stück aufgeführt wurde, sondern auch der unterschiedliche Sprachduktus mit dem die Aufführungen kommentiert und in manchen Fällen auch angekündigt wurden. Auch wieviel Platz das jeweilige Medium einer Besprechung einer Aufführung widmete, ist aufschlussreich, da es Rückschlüsse darauf zulässt, welcher RezipientInnenkreis damit angesprochen werden sollte. Deshalb sind dies wichtige Dokumente für die Rezeptionsgeschichte, die auch noch für zukünftige Forschungen von Wert sein können und ich bin sicher – auch von Wert sein werden, wenn darauf Zugriff aus aller Welt möglich sein wird.

Diese einzuscannen, erfordert einen gewissen Aufwand, weil die manchmal schon wenig kontrastreichen Schriften nachgeschärft oder kontrastverstärkt werden müssen, um letztendlich in sinnvoller Weise ins Netz gestellt zu werden. Das erfordert Zeit, Akribie und eine geeignete Technologie.

Eine Publikation dieser Zeitungsausschnitte ermöglicht auch für TheatermacherInnen aus aller Welt zu sehen, was schon in einer bestimmten Weise gemacht wurde, wie man an das Theaterstück heute (oder in Zukunft) neu herangehen könnte, welche Schwerpunkte im Wandel der Zeit und anderswo eventuell neu und anders zu setzen wären. Denn es macht einen Unterschied (in der Perspektive des Widerstands) ob man ein Stück in Italien, Österreich, Russland oder in der arabischen Welt inszeniert – oder im Jahre 1959 oder 2023 vielleicht.

Zur Zeitschrift Jura Soyfer:
Die 54 Print-Ausgaben lagern derzeit in der Jura Soyfer Gesellschaft am Leberberg in Simmering. Diese sind noch in relativ gut erhaltenem Zustand, weil sie auf eher haltbarem Papier gedruckt wurden.

Auch diese Zeitdokumente sind interessant, weil sie sich vielfach mit anderen Aspekten und Geschichten des kulturellen Widerstands und der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Herrschaft auseinandersetzen.

Darüber hinaus sind in den Zeitschriften Soyfer-Symposien in Italien, Georgien und weiteren Ländern dokumentiert. Auch einiges an Bildmaterial wird sehr interessant sein.

Nach den Originaldokumenten, die schon jetzt zum Teil im Virtuellen Soyfer Archiv zugänglich sind, wird diese Art der Sekundärliteratur für künftige Generationen durchaus wichtig sein. Man bedauert ja als HistorikerIn nicht selten, dass man nur mühsam Bruchstücke zu bestimmten KünstlerInnen zusammensammeln kann und oft ist damit ein großer Aufwand verbunden. Es wäre aus einer Perspektive des wissenschaftlichen Polylogs heraus wichtig, wenn die auf Soyfer bezugnehmenden Sekundärliteraturen einfach und unkompliziert auffindbar und zugänglich wären.

Natürlich haben auch virtuelle Archive ihr „Ablaufdatum“ in rein technischer Hinsicht. Auch dagegen hat die Jura Soyfer Gesellschaft ein Mittel gefunden. Zum Beispiel erschien eine Broschüre + DVD zur Homepage, in deren Rahmen das Virtuelle Soyfer Archiv publiziert wird.