Bericht zu den Rechten an Jura Soyfers Werken und zur Gründung der

 Jura Soyfer Gesellschaft

Helmut Qualtinger war es, der bei seinen Streifzügen durch die Antiquariate und Buchhandlungen zumindest einmal in der Woche zu mir in den Verlag kam. Eines Tages gab er mir die Erstausgabe von Jura Soyfer, zusammengestellt von Otto Tausig für den Globus Verlag mit der Aufforderung: „kümmer‘ dich um Jura Soyfers Aufführungsrechte“.

Über den Globus Verlag erfuhr ich, dass die KPÖ behauptete, die Rechte von Jura Soyfer zu besitzen, dafür zuständig war das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Ich nahm Kontakt mit Dr. Herbert Steiner auf und er bestätigte mir, dass seine Organisation tatsächlich über die Rechte verfüge. Daraufhin schlossen wir einen Werknutzungsvertrag mit dem DÖW.

Auf der Suche nach Aufführungsmusiken zu Soyfers Stücken kam ich auf Jimmy Berg.

Jimmy Berg lebte in New York. Da ich in den USA zu tun hatte, trafen wir einander in einer Bar in Manhattan, in der er selbst oft klavierspielend aufgetreten war. Im Verlauf des Gesprächs erwähnte ich, wie schade es ist, dass es keine Verwandten mehr von Jura Soyfer gäbe. Jimmy Berg fragte, wer mir diesen Unsinn erzählt hätte, und ich verwies auf Dr. Herbert Steiner. Jimmy Berg erwähnte die Eltern von Jura Soyfer, die noch nach 1945 lebten. Und zu meiner größten Überraschung meinte er, in seinem Zinshaus in Queens würde vis à vis von seiner Wohnung die Schwester von Jura Soyfer, Barbara Hutton, wohnen.

Ich war perplex. Nachdem wir uns am frühen Nachmittag getroffen hatten, wollte ich gleich mit ihr Kontakt aufnehmen und so fuhren wir zu ihm nach Hause, er läutete vis à vis, die Schwester von Jura Soyfer öffnete und Jimmy Berg stellte mich vor. Sie und ihr Mann waren einhellig der Meinung, das Werk Jura Soyfers wäre längst vergessen und waren sehr überrascht zu hören, dass es so etwas wie eine beginnende Renaissance von Aufführungen geben würde.

In der Nacht hatte ich mich im Hotel hingesetzt und einen Vertrag aufgesetzt. Damit fuhr ich am nächsten Tag wieder zu Frau Hutton. Da im Nebenhaus eine Bank war und diese auch so etwas wie notarielle Funktionen in den USA innehaben, erhielt ich auch die entsprechende beglaubigte Unterschrift. Damit kehrte ich nach Wien zurück und konfrontierte Dr. Steiner damit. Er zeigte sich uneinsichtig und erst über eine anwaltliche Auseinandersetzung kamen wir zu einer vernünftigen Lösung.

Jeder der Beteiligten erhielt ein Drittel der Einnahmen und die flossen bis zum Ende der Schutzfrist reichlich.

Da das Ehepaar Hutton oder Hüttner – wie sie in Wien hießen – keine Kinder hatte, drängte sich die letzte Lebensgefährtin von Jura Soyfer, Helli Andis auf, die im Übrigen auch im selben Wohnblock wie das Ehepaar Hutton wohnte. Sie hatte eine Tochter, aber nicht von Jura Soyfer. Sie hatte aber etliche Manuskripte von Soyfer gerettet und meinte daher, es wäre nur richtig, wenn die Tochter nach dem Ehepaar Hutton erben würde. Es kam nicht zu dieser Verfügung und als die Schwester verstarb, war der Erbe ihr Mann. Und dieser verfügte, auch auf mein Anraten hin, dass sein Drittel-Anteil zur Gründung einer Jura Soyfer Gesellschaft führen sollte, alles nach seinem Ableben. Dieser Gesellschaft steht Herbert Arlt immer noch mit vollem Einsatz vor und ich danke ihm für sein Engagement. Nicht vergessen darf man in diesem Zusammenhang die ebenfalls anerkennenswerte Leistung von Dr. Ulf Birbaumer, der dem ersten Präsidenten der Jura Soyfer Gesellschaft, Dr. Herbert Steiner, im Vorsitz nachfolgte.

Schade, dass die Schutzfrist ausgelaufen ist, und ich hätte mir gedacht und gewünscht, dass man die sieben Jahre der Nazi-Barbarei, in denen zum Beispiel Jura Soyfers Werke nicht aufgeführt werden konnten, verlängert werden würden. Schade, dass das durch den in Österreich vorherrschenden Antisemitismus behindert wurde.

Prof. Ulrich Schulenburg
THOMAS SESSLER VERLAG GMBH
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