Hartmut Krones (Wien)
Wenn jemand den Namen Jura Soyfer hört oder ausspricht, so hat er wohl in den meisten Fällen sofort eine musikalische Assoziation, denn gleichsam automatisch fällt ihm das „Dachaulied“ ein: „Stacheldraht, mit Tod geladen, ist um unsre Welt gespannt […]“. Es gibt nicht nur wenige dichterische Äußerungen, die ähnlich untrennbar mit den Greueltaten des nationalsozialistischen Regimes verbunden sind, sondern es gibt auch wenige Kunstwerke, die in ähnlicher Form als Einheit von Wort und Musik empfunden werden wie dieses Lied, das im September 1938 unter geradezu wahnwitzigen Bedingungen der Zusammenarbeit zweier Künstlerpersönlichkeiten entsprossen ist,1 die seitdem zum Inbegriff für den Triumph unbeugsamen menschlichen Geistes über ein mörderisches Regime wurden: des Dichters Jura Soyfer und des Komponisten Herbert Zipper.2
Ich habe über dieses „Dachau-Lied“ im Dezember 1997 im Zuge eines ebenfalls von Herbert Arlt veranstalteten Soyfer-Kongresses gesprochen (der Kongreßbericht ist 2000 erschienen)3 und habe dabei insbesondere seinen semantischen Gehalt analysiert; diesen Gehalt stellte ich damals einer zweiten Vertonung des Textes gegenüber, die unabhängig von Dachau pikanterweise in einem französischen Konzentrationslager entstanden ist. Sie stammt von Marcel Rubin (geboren am 7. Juli 1905 in Wien, gestorben ebenda am 12. Mai 1995), der gleich im März 1938 (gemeinsam mit Vater und Stiefmutter) aus Wien nach Paris flüchten konnte,4 wo er nach Hotel-Aufenthalten bis 1. September 1939 bei seiner mit dem französischen Philosophen und Dichter Marcel Beaufils verheirateten Schwester Olga wohnte. Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde er als „feindlicher Ausländer“ zunächst im Fußballstadion Colombes (im Freien) inteniertin, bald in das französische Konzentrationslager Meslay du Maine gesteckt und Anfang 1940 in das vom englischen Arbeitsdienst geführte nordfranzösische Lager Damigni (Damigny) „weitergegeben“.5 Dort lernte er den Text von Soyfers „Dachau-Lied“ kennen, ohne zu wissen, daß es eine gleichsam „authentische“ Vertonung gab. Zipper hatte nämlich inzwischen ebenfalls emigrieren können, hatte in Paris Jura Soyfers Freundin Helly Andis aufgesucht, ihr Details über Soyfers letzte Lebensperiode berichtet und ihr auch den Text des „Dachau-Liedes“ diktiert – ohne Musik, womit jene „französische“ Überlieferung des Textes allein (ohne Zippers Vertonung) begründet wurde, der auch Marcel Rubin die Bekanntschaft mit dem Gedicht verdankte.
***
Abbildung 1: Marcel Rubin, Paris 1925 und Mexico 1943
Hier sei kurz die Biographie von Marcel Rubin ergänzt. 1905 in Wien geboren, studierte er nach der Matura (1923) sowohl Jus an der Wiener Universität als auch Musiktheorie bei Franz Schmidt an der Akademie (heute Universität) für Musik und darstellende Kunst, war dann 1925 bis 1931 Privatschüler von Darius Milhaud in Paris (Abbildung 1) und feierte dort erste Erfolge als Komponist. In Wien schloß er sein Jus-Studium ab und promovierte 1933 zum Doktor iuris; danach arbeitete er bis März 1938 als Konzipient in einem Rechtsanwalts-Büro. Als solcher gewann er beispielsweise in 1. Instanz einen Prozeß gegen Dr. Arthur Seyss-Inquart, den späteren Helfer Hitlers in der Regierung Schuschnigg: Seyss-Inquart war damals Anwalt der Alpine-Montan-Gesellschaft, die von einigen Arbeiter-Witwen geklagt wurde, weil ihre Männer wegen schlechter Entlüftungseinrichtungen an Staublunge gestorben waren. Die (wohl politisch beeinflußte) 2. Instanz wies die Klage schließlich ab.
März 1938 emigrierte Rubin nach Paris. In Frankreich war er dann von September 1939 bis Juli 1940 in Lagern interniert, wo er (u. a.) auf Ferdinand Piesen traf, den Komponisten der Kleinkunstbühne „Literatur am Naschmarkt“ (Abbildung 2). Piesen, der bei den Schönberg-Schülern Max Deutsch und Josef Polnauer studiert hatte, war 1938 nach Paris emigriert und hatte dort als Pianist des Jean-Weidt-Balletts sowie als Privatlehrer gearbeitet, ehe auch er zum „feindlichen Ausländer“ erklärt wurde. – Im Zuge der Kapitulation Frankreichs wurde das Lager Damigny (Damigni) von der englischen Führung aufgelassen, sodaß sich Rubin im Juni 1940 nach Paris durchschlagen konnte und von dort im Herbst nach Marseille weiterreiste, wohin mittlerweile auch seine Verwandten geflüchtet waren. Im Frühjahr emigrierte er dann gemeinsam mit seinem Eltern nach Mexico, wo er Korrepetitor an der Oper wurde und auch als Komponist und Liedbegleiter überaus erfolgreich war (Abbildung 1).6 Auf der Überfahrt lernte er seine spätere Frau Hilda Maddalena kennen, die Gattin und bald Witwe des kommunistischen Reichstagsabgeordneten Max Maddalena, der Oktober 1943 im Zuchthaus Brandenburg-Görden „verstarb“.7 Gemeinsam mit seiner Frau kehrte er dann im Februar 1947 nach Wien zurück, war bis 1969 Musikkritiker der kommunistischen „Volksstimme“,8 dann viele Jahre Präsident der AKM (der österreichischen Urheberrechtsgesellschaft) und starb 1995 hochgeehrt als einer der damals meistgespielten österreichischen Komponisten.
Abbildung 2: Ferdinand Piesen und Marcel Rubin im „Suspektenlager“ Damigny (Damigni) IV
Neben dem „Dachau-Lied“ hat Rubin in Damigni (Damigny) einige weitere Gedichte von Jura Soyfer kernnengelernt und zwei davon ebenfalls vertont: Zunächst entstand zwischen 20. und 23. März 1940 das Lied „Winter“ mit dem Textbeginn „Der Sommer ist verglommen, der Herbst hat ausgeweint“; es handelt sich hiebei um das „Wanderlied“ aus dem „Mittelstück“ „Astoria“, das 1937 für das „ABC im Regenbogen“ entstand und bisweilen auch unter dem Titel „Vagabundenlied“ firmiert. Rubins gleichsam falscher Titel „Winter“ läßt aber vermuten, daß dem Komponisten die Herkunft des Textes nicht bekannt war. – Drei Wochen später schrieb Rubin zwischen 12. bis 19. April 1940 das Lied „Wenn der Himmel grau wird“ mit dem Textbeginn „In weiter Ferne sind verblaßt die Sterne“, das ebenfalls aus „Astoria“ stammt.
***
Bevor wir diese beiden Soyfer-Lieder Rubins genauer betrachten, seien einige grundsätzliche Bemerkungen zum Thema „Soyfer-Vertonungen“ vorangestellt. Besonders wichtig erscheint dabei, daß Soyfers lyrische Texte, die ja von allem Anfang an Erzeugnisse für alternative Theater oder Kabaretts waren, zunächst sehr oft mit beigegebener Musik an die Öffentlichkeit traten. Das galt schon für den „Seeschlangen-Fox“, den der 21jährige Soyfer Anfang 1934 zusammen mit Grete Hartwig unter dem Teil-Pseudonym „Jura“ für das im „Café Colonnaden“ beheimatete, nur zwei Wochen existierende „Wochenend-Kabarett“ „Die Seeschlange“ verfaßte und der – mit der Musik von Kurt Manschinger – erstmals „am Wochenende vor dem 12. Februar 1934“ erklang.
Zur Erinnerung: Montag, den 12. Februar 1934, beschloß der außerordentliche Ministerrat der Regierung Dollfuß die sofortige Auflösung der sozialdemokratischen Partei Österreichs sowie die Auflösung des Gemeinderates und des Landtages von Wien und setzte gleichzeitig auch Bürgermeister, Landeshauptmann und Stadtsenat ab. (Die Kommunistische Partei Österreichs war bereits am 26. Mai 1933 aufgelöst worden, die „Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei“ wurde am 19. Juni 1933 verboten.) Sonntag, den 11. Februar, fand das letzte Arbeiter-Sinfonie-Konzert statt. Es stand unter der Leitung von Erwin Leuchter und wies u. a. folgende Programmpunkte auf: Volkslieder in Bearbeitungen durch Paul Amadeus Pisk, Johann Sebastian Bachs Konzert für vier Klaviere a-Moll, „Tagesneuigkeiten“ von Darius Milhaud, das Violoncellokonzert von Arthur Honegger sowie „Musik zu einem Tonfilm“ aus der Feder von Hanns Eisler; es waren dies „Stücke zu dem Film ,Kuhle Wampe‘ oder ,Wem gehört die Welt‘ (Filmtext von Bert Brecht und Ottwalt)“ mit (u. a.) dem Rondo „Hetzjagd nach Arbeit“ sowie dem abschließenden „Solidaritätslied“.9 Nach dem Konzert zogen zahlreiche Arbeiter aus der Zuhörerschaft zum Parlament, um dort gegen die Tagesereignisse sowie insbesondere auch gegen die allgemeine Unterdrückung und gegen offensichtlich vor der Tür stehende diktatorische Maßnahmen zu protestieren.
Im übrigen war gerade Paul Amadeus Pisk als Kulturredakteur der „Arbeiter-Zeitung“ sowie als oft eingesetzter Pianist und Dirigent der „Arbeiter-Sinfonie-Konzerte“ ein Hauptopfer der Ereignisse. Die Arbeiter-Zeitung wurde sofort im Februar 1934 verboten – so wie auch alle sozialdemokratischen Vereinigungen, deren Eigentum zudem „eingezogen“ wurde, wie dies u. a. bei den Chören des „Arbeitersängerbundes“ der Fall war, die sogar ihre Noten und Instrumente abgeben mußten.10 Pisk emigrierte dann 1936 (wie in diesen „austrofaschistischen“ Jahren andere Intellektuelle auch) in die USA, um nicht zu verhungern. Ähnlich ging es Erwin Leuchter sowie auch seiner Frau, der Pianistin und Klavierpädagogin Rita Kurzmann-Leuchter, die nach Argentinien emigrierten.
Auch Jura Soyfer hatte regelmäßig für die „Arbeiter-Zeitung“ geschrieben und erlitt nun durch deren Verbot deutliche finanzielle Einbußen. Nach dem 12. Februar schloß er sich bekanntlich der (inzwischen) illegalen Kommunistischen Partei Österreichs an und begann mit der Arbeit an seinem dann leider unvollendet gebliebenen Roman „So starb eine Partei“. Über Vermittlung von Freunden konnte er aber wieder in der Kleinkunst-Szene Fuß fassen, wo somit auch zahlreiche Soyfer-Vertonungen erklangen: Herbst 1935 etwa konnte man im „Bunten Herbstprogramm“ des „ABC im Regenbogen“ im Rahmen seines unter dem Pseudonym Walter West laufenden Stückes „Kasperl sucht ein Stück“ sein „Lied des Plakatanklebers“ hören, 1936 folgte, wieder im „ABC im Regenbogen“, im Programm „Wienerisches – Allzuwienerisches“ das Stück „Die verzauberte Zeitung“ von Walter West (Jura Soyfer) und Fritz Tann (Friedrich Torberg), in dem Soyfers „Lied auf der Höhenstraße“ mit Musik von Jimmy Berg erklang. Im Programm „Grenzfälle“ des „ABC im Regenbogen“ begegnen wir Februar bis Mai 1936 dann mehreren Liedern von Jura Soyfer, darunter „An der Wiege gesungen“ und dem „Grenzlied“, am 6. Mai 1936 folgte im „Abc im Regenbogen“ dann Wests bzw. Soyfers „Weltuntergang“, vom Autor wegen der Position zwischen Kabarett und Theater „Mittelstück“ genannt, das seitdem in unzähligen Varianten und Vertonungen auf die Bühne gestellt wurde; der Uraufführung war Musik von Jimmy Berg beigegeben. 1936 gelangten aber auch noch, jeweils in der „Literatur am Naschmarkt“, die Stücke „Pinguine. Ein Polarnachtstraum“ mit der Musik von Ferdinand Piesen sowie „Der Lechner Edi schaut ins Paradies“ mit der Musik von Otto Andreas zur Uraufführung. 1937 folgten schließlich „Die Botschaft von Astoria“ bzw. „Astoria“ („Walter West“) und „Broadway-Melodie 1492“ („Norbert Noll“), beides mit Musik von Jimmy Berg, ehe sich Soyfers Schicksal im KZ besiegelte.11
Da dieses Schicksal für die österreichischen Exilanten zu einer Art Fanal wurde, begegnen wir ab 1939 in London und New York ungemein vielen Realisationen seiner – ins Englische übersetzten – Stücke, wobei Persönlichkeiten wie Ernst Hermann Meyer Neuvertonungen beisteuerten. Ab 1947 wurde Soyfer dann wieder in Österreich „heimisch“, Neukompositionen stammten u. a. von Karlheinz Füssl (1947, 1954), Gerhard Rühm (1951), Walter Schlager (1952), Gerhard Kubik (1957), Günter Olias (1964), Günter Schalk (1965), Karlheinz Gruber (1965), Franz Walters (1967), David Ryan King (1975), Die Schmetterlinge (1975, 1980, 1981), Günther Leopold (1975, 1976, 1978, 1980, 1984, 1990), Dieter Salbert (1978), L. Ruppert (1981), Arthur Lauber (1982), Berthold Kogut (1983), Wilhelm Zobl (1983, 1984), Erich M. Mayer (1983), Fred Krüger (1984), Dieter Kaufmann (1984), KLaus Kohler (1986), Stephan Krawczik, (1986), Jürgen Magister (1987), Karl-Heinz Ott (1987), Jerzy Satanowski (1989), Walter Krenn (1989), Wolfgang Pillinger (1990), Franz Wittenbrink (1991), Martin Selmen (1991), Herbert Pascher (1991), Rainer Bielfeldt (1991), Miroslaw Nowotny (1992), Andreas Kaech (1992) Rolf Aberer (1992), Horst Merz (1993), Marcello Fera (1993), Olav Kröger (1995, 1998), Gerhard Gruber (1995), Gerhard Bronner (1996), Jean Charles Reber und Hans Jörg Ganz (1998), Homer Botez (1998), Manfred Schiebel (1998), Armin Thomaser (1999), Andreas Bolhàr-Nordenkampf und Romina Mayer (1999), Michael Schnack (2001), Florian Kovacic (2004), Dietrich Stern (2007), Johannes Nussbaumer (2007), Sabina Hank (2008) sowie seit vielen Jahren von Maren Rahmann.
***
Abbildung 3: Marcel Rubin, „Winter“ (für Vollbild Vorschaubild anklicken)
Und nun wollen wir die beiden Soyfer-Lieder von Marcel Rubin betrachten, als erstes „Winter“, Soyfers „Wanderlied“ (Abbildung 3); zunächst sei sein Text mitgeteilt [R: textliche Veränderungen durch Marcel Rubin]:
Der Sommer ist verglommen,
Der Herbst hat ausgeweint.
Nun ist der Winter kommen.
Der bitterböse [R.: bitter böse] Feind.
Die Erde liegt im Leichenhemd
Und war einst jung und bunt.
Was suchst du noch, du [R.: noch? Du] bist hier fremd,
Mein Bruder Vagabund.
Es springt dir an die Waden
Der scharfe Winterwind,
Du bist nicht eingeladen,
Wo sie besoffen [R.: betrunken] sind.
Dich ruft kein Wirt zum heißen Punsch
Um Sankt Silvesters [R.: Sylvesters] Stund’:
Ein Rabe krächzt den Neujahrswunsch,
Mein Bruder Vagabund.
Und wär der Himmel droben
Von Samt und von Brokat
Und Sternlein eingewoben,
Ein jedes ein Dukat,
Wär keiner, der die Leiter stellt,
Daß man sie holen kunnt.
So ist die Zeit, so ist die Welt,
Mein Bruder Vagabund.
[R. wiederholt: Mein Bruder Vagabund]12
Die Vertonung ist angesichts ihres elegischen Grundcharakters „molto tranquillo“ vorzutragen, doch setzt Rubin etwas überraschend die traditionell positive Tonart G-Dur ein. Er relativiert sie aber deutlich, indem er der Singstimme über weite Strecken eine pentatonische, halbtonlose Linienführung zuweist und auch das Klavier kaum jemals einen Halbtonschritt spielen läßt. Und wenn wir, wie T. 10/11 oder T. 15/16, die leittönige Führung fis–g hören, dann erklingt das „g“ ganz bewußt nicht tonikal, also nicht im Rahmen eines G-Dur-Dreiklangs, sondern trugschlüssig (über dem Grundton „e“) oder subdominantisch (über dem Grundton „c“). Und wenn in der Singstimme am Beginn der 3. Strophe (T. 33ff.) Dreiklangs-Zerlegungen von G-Dur erscheinen, so konterkarieren auch hier die Bässe jedweden tonikalen Anklang: zunächst (bei „Himmel droben“) beschwört Rubin durch die Folge Dominante/Subdominante (D-Dur/C-Dur) modale (üblicherweise bzw. eigentlich fälschlicherweise als „kirchentonal“ bezeichnete) und somit „alte“ Klangwelten – wahrscheinlich, um das Wort „Himmel“ in eine „archaische“ Aura zu stellen. Und dann erklingt (bei „Sternlein“) nach kurzem positivem G-Dur (T. 37) bei der ersten Silbe „Stern-“ gleich danach (und zwar schon bei „-lein“) h-Moll (T. 38), und auch die nächsten G-Dur-Anklänge werden jeweils sofort danach teilweise relativiert.
Erst ganz zum Schluß stellt sich angesichts der liebevollen Anrede „Mein Bruder Vagabund“ helles G-Dur (T. 52ff.) ein. Und um diese nur sehr sukzessive Aufhellung zusammenfassend noch einmal zu betonen, vollzieht auch die gleichsam als Höhepunkt gestaltete einzige akkordische Stelle, nämlich die letzten 4 Takte (die zunächst Zwischenspiel und dann Abschluß sind), diese harmonische Führung noch einmal nach: G-Dur, aber nur als Sextakkord (T. 55), zweimal h-Moll, G-Dur als nahezu versteckter, kaum merkbarer Durchgang, zweimal trugschlüssiges e-Moll (T. 56), zweimal G-Dur (wieder nur in zwei Umkehrungen), weiter a-Moll, D-Dur als Dominante (T. 57), jedoch sofort danach als modaler Anklang erneut die Subdominante C-Dur. (Denjenigen von Ihnen, die nicht Harmonielehre studiert haben, sei hier gesagt, daß die Abfolge Dominante/Subdominante in der traditionellen Dur-Moll-Harmonielehre verboten ist.) Danach hören wir T. 57 wieder e-Moll und h-Moll, ehe endlich im Schlußtakt G-Dur erklingt – welcher Akkord aber erneut nicht über die Dominante erreicht wird und zudem durch die Zerlegungen, die im Baß zuletzt gar das „d“ (die Quint des G-Dur-Dreiklangs) erklingen lassen, auch bewußt als Frage gestaltet erscheint. Das Lied endet somit mit einem Quartsextakkord, der eigentlich eine Dissonanz ist und der Auflösung bedarf. Das Schicksal des „Bruder Vagabund“ bleibt somit offen.
Die Strophen Nr. 1 und 2 besitzen dieselbe Melodik, während die 3. Strophe mit neuer Linie anhebt, dann jedoch motivisches Material aus dem Beginn einbaut. Motivische Grundzelle ist die drei Töne berührende pentatonische, also keinen Halbton besitzende Führung g–a–g–e–a–g (T. 1ff.), aus der die ersten vier Verszeilen gestaltet werden, wobei der negativ konnotierte „Herbst“ bei „ausgeweint“ eine inhaltliche Intensivierung mit sich bringt und einen Ton höher ausgreift. Dieses „h“ wird bei dem bösen „Winter“ noch intensiviert, während das Wort „böse“ das Spektrum um einen Ton nach unten erweitert (und somit als negativ ausweist). Die Verse „Die Erde liegt im Leichenhemd“ sowie „Was suchst du noch ? Du bist hier fremd“ konstituieren melodisch sodann kurz die Subdominante C-Dur samt dem Leitton „h“, der den einzigen Halbton einbringt; aber der C-Dur-Dreiklang erklingt nur als Sextakkord, und das leittönige „h“ entbehrt durch gleichzeitiges „g“ und „e“ (T. 10, 12 und 14) jedwedes G-Dur-Anklanges. Anstelle dessen wird hier der Trugschluß-Akkord e-Moll konstituiert, der dadurch die „Fremdheit“ des „Bruder Vagabund“ sofort, wenn er zum ersten Mal angesprochen wird, versinnbildlicht; der semantische Hinweis ist (für Musikkenner) unmißverständlich. – Die Verse 6 und 8 stellen übrigens Varianten der Grundzelle dar und unterstreichen dadurch nicht nur die Stimmungseinheit, sondern vor allem die Ausweglosigeit der Situation, in der sich der „Bruder Vagabund“ befindet, der zum Sinnbild für alle Umherirrenden, Heimatlosen und somit auch Emigranten wird.
Die 3. Strophe (T. 34ff.) erhält dann angesichts des „Himmels“ und der „Sternlein“ eine weiter gespannte melodische Amplitude, wobei Vers 2 deutlich auf die Grundzelle weist und Vers 4 diese sodann mit der Amplitude von Vers 1 koppelt. Mit Vers 6 greift Rubin dann vollends wieder auf die Grundzelle zurück: die Worte „daß man sie holen kunnt’“ (T. 48ff.), die aussagen, daß keiner die Leiter stellt, um nach dem Himmel und den Sternen zu greifen (und somit keinerlei Hoffnung, kein Ausweg existiert), führen nach dem kurzen Aufschwung wieder in die Grund-Tragik zurück. Der letzte Vers, „Mein Bruder Vagabund“, koppelt sodann die beiden Grund-Motive, aber so, daß die Wiederholung eine weite absteigende Linie intoniert und mit dem tiefsten Ton der Melodie endet, dem an sich leittönigen „h“, das solcherart ebenso wie die harmonische Frage-Haltung die Schluß-Aussage negativ gestaltet.
Abbildung 4: Marcel Rubin, „Wenn der Himmel grau wird“ (für Vollbild Vorschau anklicken)
Auch von dem zweiten Lied, „Wenn der Himmel grau wird“ (Abbildung 4), sei zunächst der Text mitgeteilt [R: textliche Veränderungen durch Marcel Rubin]:
In weiter Ferne sind verblaßt
Die Sterne, unsere [R.: unsre] Brüder.
Als eine bleiern graue Last
Senkt sich der Himmel nieder.
Der Mensch erwacht in seinem Leid
Zum Mord und zum Gebete.
Der Atem einer kranken Zeit
Geht keuchend durch die Städte.
Steh auf im Schein des kargen [R.: fahlen] Lichts,
Du Lump auf fremder Schwelle !
Steh auf und geh und hoffe nichts,
Der Himmel wird nicht helle.
Das wird ein Armeleute-Tag
Voll Schweiß und Blut und Tränen.
Das wird ein Tag vom alten Schlag,
Nicht der, den wir ersehnen.
[R. wiederholt: Das wird ein Armeleute-Tag
Voll Schweiß und Blut und Tränen.
Das wird ein Tag vom alten Schlag,
Nicht der, den wir ersehnen.]
Nicht der, der uns im Traum erschien,
Gekrönt von hundert Sonnen,
Da blühend stand im ewigen Grün
[R.: wo leuchtend stand in ewgem Grün]
Die Welt, die wir gewonnen.
Den Ranzen pack und troll dich sacht,
Schon nahen die Gendarmen,
Verbirg, verbirg den Traum der Nacht,
Den lichten Traum der Armen.
[R. wiederholt: Verbirg, verbirg den Traum der Nacht,
Den lichten Traum der Armen.].13
Das Lied spiegelt in besonders deutlicher Weise die grausame Welt der späten 1930er Jahre wider, insbesondere die Unsicherheit dieser Zeit, im Falle Rubins die Atmosphäre des französisch-englischen KZs. Sie ist vor allem durch die latente Bitonalität des Liedes versinnbildlicht, dessen Grundtonart f-Moll ja gemäß musikgeschichtlicher Tradition von vornherein negativ besetzt ist.14 Über ihr erklingt, gleichsam in sphärisch-himmlischer Höhe und wie die Vorspiegelung einer heilen Welt, eine Fis-Dur-Linie, die mit dem Einsatz der Singstimme entschwindet und in späteren Strophen nur mehr durch einzelne, wie Totenglocken hereinklingende Töne präsent ist (T. 22–36). Rubins Gestaltung der nun einsetzenden Liedmelodie ist aber so angelegt, daß sich die (oft leittonlose) f-Moll-Linie gleichsam mit dem Fis-Dur des Vorspiels vermählt und daß dadurch der in der 3. Strophe angesprochene „Traum der Nacht“ in der Unbarmherzigkeit der realen Welt verschwindet. Die gleich zu Beginn in der Singstimme erklingende f-Moll-Melodie ist nämlich durch des Ton „ges“ (T. 6) erweitert, der auf dem Klavier identisch mit dem „fis“ ist, und das „as“ sowie das „b“ von f-Moll sind identisch mit dem „gis“ und dem „ais“ von Fis-Dur. Der Ton „ges“ ist in F-Dur nun aber der sogenannte „neapolitanische“ Ton, also die erniedrigte II. Stufe von f-Moll, und somit jener Ton, der seit alters her Symbol für Tod, Todesangst und eine gleichsam „tödliche“ Atmosphäre war. (Mit dieser „neapolitanischen Spannung“ haben die Komponisten der „neapolitanischen Oper“ ebenso den Tod versinnbildlicht wie etwa Beethoven, der in dem Gellert-Lied „Meine Lebenszeit verstreicht“ e-Moll und f-Moll ununterbrochen gegeneinandertreten läßt.)15
Eine weitere Symbolebene ist durch den Ton „h“ im Klavier gegeben (T. 2f. sowie dann ab T. 22), den einzigen Ton, der nie, auch nicht als identisches „ces“, in die Liedmelodie übernommen wird. Das „h“ ist nämlich in f-Moll der Tritonus-Ton, die übermäßige Quart (und nicht, wie immer wieder zu lesen ist, die verminderte Quint) zur Tonika und somit der sogenannte „diabolus in musica“ – das heißt, daß Rubin die Situation des Liedes, das Verblassen von Himmel und Sternen, das Leid der Menschen, den Mord und die auftauchenden Gendarmen als „teuflisch“ apostrophiert, sodaß sich der gleichsam sphärisch schimmernde Hochton „h“ als Werk des Teufels entpuppt; aber just dieses „h“ fungiert dann (ab T. 22) auch in erster Linie als „Totenglocke“. (Im Gebäude der „musikalisch-rhetorischen Figuren“ des 16. bis frühen 19. Jahrhunderts war der Tritonus als Dissonanz ein „saltus duriusculus“.16) Im Vorspiel endet die kurze Fis-Dur-Melodie bereits mit dem 4. Takt, sodaß das hier als Schlußton erklingende „gis“ angesichts des f-Moll-Dreiklangs im Klavier de facto nur mehr als „as“ wahrgenommen wird.
Die Liedmelodie selbst stellt dann immer wieder das „neapolitanische“ „ges“ gegen das leitereigene „g“, aber auch den Leiton „e“ neben das archaische (nicht-leittönige) „es“, sodaß hier nicht nur eine weitere Unsicherheit der Situation angedeutet wird, sondern erneut ein modaler („kirchentonaler“) Anklang und somit eine Art Gebetshaltung entsteht. Gleichzeitig wird dort, wo sich – wie gleich bei den Worten „verblaßt | die Sterne“ oder bei „Last | senkt sich der Himmel“ – die Linie es–f–ges–as ergibt, ein es-Moll-Anklang und somit eine noch negativere tonale Sphäre eingebracht.17 Ab dem Fortissimo-Ausbruch „Der Mensch“ (T. 13f.) ist durch das „des“ und das nun nie mehr dem „e“ Platz machende „es“ dann endgültig „natürliches Moll“ gegeben und somit der alte äolische Modus, die sich vor allem durch das Wort „Gebet“ (T. 16f.) erklärt: „Der Mensch erwacht in seinem Leid zum Mord und zum Gebete.“ Den Beginn der 3. Strophe („Nicht der, der uns im Traum erschien“) sowie die Schlußaussage „verbirg den Traum der Nacht, den lichten Traum der Armen“ (T. 62–66) stellt Rubin dann sogar in neu eingebrachtes As-Dur, wobei zu bedenken ist, daß auch diese Tonart traditionellerweise äußerst negative Konnotationen wie „Grab“ oder Leid versinnbildlichte.18
Die wie die 1. Strophe anhebende 2. Strophe, „Steh auf im Schein des fahlen Lichts“ (T. 22–55), gibt der Fortsetzung, „Das wird ein Armeleutetag, Voll Blut und Schweiß und Tränen“ (bis „den wir ersehnen“) noch einmal dieselbe Melodie (wie „Steh auf im Schein …“) bei, ehe dieser (Fortsetzungs-)Text („Das wird …“) mit jener (jetzt etwas variierten) Melodie fortfährt, die dem zweiten Teil der 1. Strophe (den Worten „Der Mensch erwacht …“) beigegeben war. Der erste Teil der 3. Strophe („Nicht der, der uns im Traum erschien“) beginnt dann mit jener schon erwähnten neuen As-Dur-Melodie, die auch den Versen 3 und 4 unterlegt wird und das Wort „gewonnen“ mit einem gleichsam in die Zukunft blickenden zusätzlichen Hochton „des“ versieht, ehe Rubin für die Fortsetzung „Den Ranzen pack …“ wieder auf die fahle f-Moll-Melodie der 1. und 2. Strophe zurückgreift. Der Wiederholung der beiden letzten Verse „Verbirg, verbirg den Traum der Nacht, den lichten Traum der Armen“ gibt er dann aber die doch deutlich positivere As-Dur-Melodie bei, nach der das kurze Nachspiel über as-Moll, B-Dur und f-Moll leise (ppp) eingebrachtes F-Dur erreicht, das noch im letzten Takt zweimal durch die Moll-Sext „des“ Eintrübungen erfährt. Der F-Dur-Schlußakkord scheint dann aber tatsächlich so etwas wie Hoffnung aufkommen zu lassen, doch ist er nur als Quartsextakkord eingebracht, der „eigentlich“ einer Auflösung bedarf und somit die Zukunft offenläßt.
Die beiden betrachteten Lieder gingen gemeinsam mit der Vertonung des Textes „Dem Morgen entgegen“ von Ondra Lysohorsky in Rubins Liederzyklus „Lieder von unterwegs“ ein, der als „offizielles“ Opus in seiner Werkliste geführt wird, während das „Dachau-Lied“ mittlerweile wie alle seine Massen- und Tendenzlieder eine gleichsam „inoffizielle“ Schöpfung darstellt. Diese Entscheidung traf Rubin letztgültig nach seinem 1969 (in der Folge des kommunistischen Einmarsches in die Tschechoslowakei vom August 1968) durchgeführten Bruch mit der KPÖ, den damals bekanntlich viele österreichische Intellektuelle, aber auch demokratisch denkende Parlamentarier wie z. B. Ernst Fischer vollzogen. Damals zog Rubin aus Enttäuschung alle seine politisch motivierten Kompositionen zurück: seine Lieder für die kommunistische Weltjugend ebenso wie seine großen Chorkompositionen, die in hymnischer Art und Weise den Sowjet-Kommunismus als Retter vor dem Nationalsozialismus priesen, sowie auch die aus ähnlicher Ideologie erwachsenen zahlreichen Märsche und Marschlieder. Denn er hatte nicht nur den lediglich marginalen Unterschied zwischen diesen beiden mörderischen Systemen endgültig erkannt, sondern damals auch die Hoffnung auf eine Vermenschlichung des ersteren, des Kommunismus, aufgegeben.
***
Abbildung 5: Marcel Rubin, „Lied von der Erde“ (für Vollbild Vorschaubild anklicken)
Bei einer Durchsicht des Nachlasses von Marcel Rubin (dessen Nachlaß-Verwalter der Autor dieses Beitrags ist) konnte eine dritte Vertonung eines Soyfer-Textes gefunden werden: das „Lied von der Erde“ (Abbildung 5) aus dessen „Weltuntergang“ mit dem Textbeginn „Denn nahe, viel näher als ihr es begreift“, das den Entstehungsvermerk „Wien, 3. August 1947“ trägt, also wenige Monate nach Rubins Rückkehr aus Mexico nach Wien entstanden ist. Rubin kam damals einige Male mit dem Werk von Jura Soyfer in Berührung, so war er (gemeinsam mit „Direktor Haenel vom Volkstheater, […] Toni Birkmayer, Willi Fränzel, Professor Robert Fanta [… und] Professor Laska“) in einer Jury für die Wettbewerbe im Rahmen des Pfingsten 1947 stattfindenden „Festes der österreichischen Volkskunst“, bei dem „Arbeiter- und Bauernlaienspieler aus ganz Oesterreich“ antraten. Und hier erhielt (aus der Hand von dem damals noch in Wien weilenden Dr. Georg Knepler) die Theatergruppe „Jura Soyfer“ für ihre Darstellung der „Szene am Donaukanal“ aus „Der Lechner Edi schaut ins Paradies“ den 2. Preis.19 Im März war sogar zu lesen gewesen, daß man bei einer Aufführung der Kleinkunstbühne „Der liebe Augustin“ „so etwas wie den Soyfer-Nachmannschen ,Weltuntergang‘ des ,Kometen‘-Programms als Abschluß“20 vermißte, der Mitte Februar auf derselben Bühne Furore machte.21 Am 11. Februar hatten zudem Michael Kehlmann und Helmut Qualtinger im „Studio der Hochschulen“ Soyfers „Vineta“ „unbearbeitet wieder auf die Bühne gebracht“.22 Im Juli folgte dort Soyfers „Broadway-Melodie 1942“ in einer Inszenierung von Helmut Qualtinger.23
Auf dem Titelblatt des Rubinschen Liedes ist noch zu lesen: „Dem Andenken meines Vaters“. Hofrat (im Finanzamt für den I. Bezirk Wiens) Dr. David (ab 13. Dezember 1914: Erwin) Rubin, geb. am 6. Februar 1869 in Tarnow, gest. am 2. Mai 1947 in Neuilly-sur-Seine (bei Paris), ist noch mit Marcel und Hilda Rubin aus Mexico Richtung Wien abgereist (seine Frau war in Mexico verstorben), mußte aber wegen einer schweren Erkrankung bei seiner Tochter (Rubins Schwester Olga) in Frankreich zurückbleiben, wo er am 2. Mai 1947 starb. – Auch hier wollen wir zunächst den Text des Liedes zeigen [R: textliche Veränderungen durch Marcel Rubin]:
Denn nahe, viel näher als ihr es begreift,
Hab’ ich die Erde gesehn.
Ich sah sie von goldenen Saaten umreift,
Vom Schatten des Bombenflugzeugs [R: der Bombenflugzeuge] gestreift
Und erfüllt von Maschinengedröhn.
Ich sah sie von Radiosendern [R: von feindlichen Sendern] bespickt;
Die warfen Wellen voll Lüge und Haß.
Ich sah sie verlaust, [R: verlaust und] verarmt und beglückt
Mit Reichtum ohne Maß. [R: in Reichtum ohne Maß, ohne Maß.]
Voll Hunger und voll Brot ist diese Erde,
Voll Leben und voll Tod ist diese Erde,
In Armut und in Reichtum grenzenlos.
Gesegnet und verdammt ist diese Erde,
[R: Voll Hunger und voll Brot ist diese Erde,
in Armut und in Reichtum grenzenlos.
Gesegnet und verdammt ist diese Erde.
Voll Leben und voll Tod ist diese Erde,
und Leben hütet ewig sie im Schoß.]
Von Schönheit hell umflammt ist diese Erde,
Und ihre Zukunft ist herrlich und groß.
Denn nahe, viel näher als ihr es begreift,
Steht diese Zukunft bevor.
Ich sah, wie sie zwischen den Saaten schon reift,
Die Schatten vom Antlitz der Erde schon streift
Und greift zu den Sternen empor.
Ich weiß, daß von Sender zu Sender bald fliegt
Die Nachricht vom Tag, da die Erde genas.
Dann schwelgt diese Erde, erlöst und beglückt,
In Reichtum ohne Maß. [Rubin: ohne Maß, ohne Maß.]
Voll Hunger und voll Brot ist diese Erde,
Voll Leben und voll Tod ist diese Erde,
In Armut und in Reichtum grenzenlos.
Gesegnet und verdammt ist diese Erde,
[R: Voll Hunger und voll Brot ist diese Erde,
in Armut und in Reichtum grenzenlos.
Gesegnet und verdammt ist diese Erde.
Voll Leben und voll Tod ist diese Erde,
und Leben hütet ewig sie im Schoß.]
Von Schönheit hell umflammt ist diese Erde,
Und ihre Zukunft ist herrlich und groß.24
Rubins Vertonung des Liedes folgt weitestgehend der zweistrophigen Anlage und gibt den zwei Strophen, bei kleinen (lediglich „deklamatorischen“ oder klavieristisch-„klanglichen“) Varianten, zwei nahezu identische musikalische Einkleidungen bei. Der zweimal erklingende Hauptteil steht in „reinem“, äolischem (und somit gleichsam archaisch wirkendem) a-Moll, der Refrain jeweils in hellem A-Dur; Grund-Bewegung ist ein bisweilen (jeweils kurzzeitig) von 5/4-, 3/4- und 2/4-Takten abgelöster 4/4-Takt, als Tempo ist „Andante maestoso“, als Charakter „gemessen und feierlich“ angegeben.
Die Doppelpoligkeit, Positives und Negatives verbindende Aussage des Textes versinnbildlicht Rubin von Anfang an durch eine (sogar doppelte) rhythmische Doppelpoligkeit. Zunächst wechseln Singstimme und Oberstimme der den beiden Strophen beigegebenen Klavierbegleitung zwischen Viertelnoten-Triolen (bzw. ihnen beigegebenen Achtelnoten-Sextolen) und „normaler“ Viertelnoten-Bewegung, wobei letztere eher „realistischen“ Aussagen beigegeben sind („hab’ ich die Erde gesehen“ „und erfüllt von Maschinengedröhn“). Dabei wechselt die Oberstimme der Klavierbegleitung in den „triolischen“ Takten zwischen Achtelnoten-Triolen und Achtelnoten-Sextolen, die in Zweier-Gruppen unterteilt sind; d. h., daß in beiden Fällen (mathematisch gesehen) 12 triolisch rhythmisierte Achtelnoten erklingen, einmal (primär in den einem Auftakt vorangehenden Takten) als viermal drei Triolen geordnet, meist aber als den Triolen-Vierteln duolisch zugeordnete Achtelnoten der Sextolen-Bewegung, also sechsmal zwei Achtelnoten(-Sextolen); diese schlagen den Melodieton sozusagen doppelt an. Es etabliert sich in den Melodiestimmen also rein klanglich gleichsam ein 6/4-Takt, wenn man davon absieht, daß sich vor den Takten mit „normalen“ Viertelnoten (Takt 5, 11, 19), also Takt 4, 10 und 18, die Bewegung bereits zu „normalen“ Achtelnoten „einbremst“. (Rubin zählt den Auftakt als ganzen Takt, da er die eröffnende Pause ausschreibt.)
Dem Baß der Klavierbegleitung allerdings sind durchgehend „normale“ Viertelnoten zugeordnet. Sie akzentuieren zunächst (in den Takten 1, 2, 5, 12) die Triolen der Oberstimme, stellen sich dieser dann (in den „Sechstolen“-Takten 3, 4, 7–10, 13–18) bei den 2. und 4. Viertelnoten der Takte rhythmisch entgegen und gehen mit ihr in den Takten 5, 11 sowie 19–21 „viertelkonform“. In den genannten Sechstolen-Takten bilden sie zudem auch harmonisch eine extreme Gegenposition: Dadurch, daß diese regelmäßig weiterschreitenden Viertelnoten zu dem zweiten Duolenpaar „nachschlagend“ gesetzt sind, erklingen etwa im 3. Takt auf „2“ gleichzeitig das „e“ der Oberstimmen (das im Klavier eigens angeschlagen wird, während es in der Singstimme nur „weiterklingt“) und (zum „h“) zusätzlich das „f“, also die Dissonanz einer kleinen Sekund (bzw. Non); auf „4“ ergibt sich hingegen eine Konsonanz, doch das folgende Oberstimmen-„a“ wird seinerseits eine Disonanz. Im 4. Takt hören wir auf „2“ dann erneut eine scharfe Dissonanz: Gegen das „h“ der Oberstimmen stemmt sich das „c“ des Baß-Akkordes, und auf „4“ hören wir dann gleichzeitig „g“ und „a“. Analoges ereignet sich in den Takten 7, 8, 10 (etwas abgeschwächt durch einen verminderten Dreiklang auf „2“) und 13, während in den Takten 9, 15, 17 (erst nach dem Schlag „4“) sowohl auf „2“ als auch auf „4“ Dissonanzen angeschlagen werden. Nur auf „2“ hören wir Takt 16d eine Dissonanz, in den Takten 14 und 18 ergeben sich nur Durchgangsdissonanzen. Insgesamt ist die negative, mehrpolige Atmosphäre jedoch immer präsent.
Der Klavier-Baß imitiert zunächst (oktavierend und unter Auslassung des Durchgangstones „d“) die Singstimme vorweg, füllt die Oktave aber mit einem Akkord-Ton auf (oft mit der Quint, bisweilen auch mit Terzen). Ab Takt 3 ergänzt er den (erneut vorwegimitierten) Abstieg der Singstimme (c–h–a–g) zu einem letzlich die Oktave ausfüllenden „Lamento“-Baß, ehe er nach einem zweiten „Durchlauf“ etwas freier verfährt, dabei aber oft parallel die Bewegung der Singstimme nachvollzieht.
Die beiden „realistischen“ Takte (T. 5 und 11) deklamieren den Text volltaktig silbengetreu, sodaß einmal ein 4/4-Takt, einmal ein 5/4-Takt entsteht, wobei die punktierten Rhythmen das Geschehen marschähnlich akzentuieren; insbesondere der 5/4-Takt tritt uns geradezu feindlich gegenüber. Melodisch setzt Rubin beide Male eine a-Moll-Dreiklangszerlegung mit leittonloser Kadenz (g–a) ein, wodurch noch deutlicher der archaische und zudem besonders lapidare Charakter der Aussagen unterstrichen wird; die Dynamik folgt dem Melodieverlauf, einem Crescendo der Aufwärtsbewegung schließt sich ein Decrescendo der Abwärtsbewegung an.
Von besonderem Interesse ist die musikalische Versinnbilichung der „Lüge“ (T. 16). Zur zweiten Silbe des Wortes („-ge“) erklingt mit dem „fis“ erstmals (!) eine das „reine“ Moll (bzw. das Äolische) verlassende Note, noch dazu werden hier „fis“, „g“ und „a“ gemeinsam angeschlagen, was eine besonders scharfe Dissonanz-Wirkung hervorruft. Und beim zweiten „fis“ (samt „a“) tritt der Baß mit den Tönen „c“ und „e“ hinzu, wodurch das „fis“ mit dem „e“ eine Dissonanz bildet. Gleichzeitig nimmt das „fis“ das h-Moll des Taktes 20 bzw. das H-Dur des Taktes 21 voraus, wodurch der dortige Text „[Reichtum ohne] Maß“ vorausdeutend eine (zumindest auch) negative Konnotation erfährt. Dem Kommunisten Marcel Rubin war „Reichtum ohne Maß“ selbstverständlich extrem suspekt.
Der Refrain (T. 22–42 und 63–83 mit Nachspiel T. 84f.) steht dann in hellem, durch Chromatisierungen und Modulationen harmonisch aber immer wieder auch dissonant geschärftem A-Dur, wobei sich diese Schärfungen vor allem bei „Brot“ und „Tod“ (T. 23 bzw. 32 durch dissonante Synkopen) sowie (nach „Reichtum grenzenlos“) bei „gesegnet und verdammt“ (T. 28f.) ergeben. Die auch hier wieder von der Klavieroberstimme verdoppelte Singstimme schwelgt hingegen in einer sich ohne irgendein zusätzliches Vorzeichen ausbreitenden A-Dur-Linie. Sie vertritt das positive Element, drückt ohne Eintrübung die Hoffnung auf eine „herrliche Zukunft“ aus, wobei das hohe „e“ (gleichsam der „Hochton“) nur bei den Worten „gesegnet“ (T. 28 auf Schlag „1“, also harmonisch noch ungestört), „Schönheit“ (T. 37) und „Zukunft“ (T. 42) erklingt. Das Klavier hinterfrägt diese „Hurra-Stimmung“ allerdings deutlich, und dies vor allem bei sozialkritischen Inhalten. – Auch das kurze akkordische Nachspiel fügt noch einige Dissonanzen an, ehe sich der A-Dur-Dreiklang sich in dreifackem forte über drei Oktaven ausbreitet.
***
Der nächste Komponist, den wir betrachten wollen, ist Wilhelm Zobl (Abbildung 6), dem wir wahrscheinlich die bedeutendste Soyfer-Vertonung überhaupt verdanken, da er dessen „Weltuntergang“ zu einer abendfüllenden Oper ausgestaltete. Die Libretto-Einrichtung des 1983/84 über Auftrag der „Wiener Festwochen“ komponierten und am 24. Mai 1984 im Theater an der Wien uraufgeführten Werkes stammt von Peter Daniel Wolfkind, der in dessen Ablauf auch das „Wanderlied“ aus „Astoria“ hereinnahm.25 Anzumerken ist, daß dieses Lied hier durch einen „bizarr kostümierten Trachtenchor“ namens „Abendrot“ vorgetragen wird, der dem Volk die letzten Stunden vor dem Weltuntergang besonders schön gestalten soll und daher im Rahmen eines „Ende-Events“ als Ausführender eines „ergreifenden Chorsatzes“ angekündigt wird. Die Dirigentin trägt ein „üppiges Brokatdirndl“ und gibt die Töne mit der Stimmgabel an.
Abbildung 6: Wilhelm Zobl
Die Szenerie ist typisch für Wilhelm Zobls grimmigen, die feiste Bürgergesellschaft sarkastisch geißelnden Humor und fängt zudem die Atmosphäre von Soyfers ebenfalls zugleich ernstem wie auch kabarett-artigem „Mittelstück“ bestens ein. Zunächst sei aber auch dieser Komponist kurz vorgestellt: Zobl wurde am 9. Jänner 1950 in Wien geboren, studierte an der Wiener Hochschule (heute Universität) für Musik und darstellende Kunst Gitarre, Klavier, Schlaginstrumente sowie Komposition (bei Erich Urbanner und Friedrich Cerha) und inskribierte daneben an der Universität Musikwissenschaft und Mathematik. Von 1969 bis 1972 arbeitete er am Institut für Elektroakustik in Wien, 1972/73 war er am Experimentalstudio des polnischen Rundfunks in Warschau tätig, in den Jahren danach promovierte er (mit einer Arbeit über Hanns Eisler) an der Berliner Humboldt-Universität zum Doktor der Philosophie. Als Komponist international erfolgreich, war er viele Jahre Geschäftsführer der IGNM-Sektion Österreich und wurde 1988 deren Präsident. Ab 1987 unterrichtete Zobl elektroakustische Musik an der Wiener Hochschule für Musik und darstellende Kunst, lebte daneben aber weitgehend seinem Schaffen. Zu seinen größten Erfolgen zählten neben der Oper „Der Weltuntergang“ u. a. die „Todesfuge“ nach Paul Celan, das „Lehrstück“ „Ändere die Welt, sie braucht es“26 sowie die Variationen über das Dachau-Lied erreichten große Publikumsschichten. Am 21. März 1991 starb Wilhelm Zobl nach langem Leiden und einigen Operationen an einem Gehirntumor.
Soyfers „Weltuntergang“ ist wohl allen bekannt. Die Geschichte vom vorausgesagten, dann aber nicht eintretenden Weltuntergang, weil sich der herbeistürzende Komet in die Erde verliebt, ist ja geradezu ein Klassiker des Wiener alternativen Theaters der Zwischenkriegszeit geworden. Zobl, der sich eingehend mit Jura Soyfer und seinem Œuvre beschäftigte, hat seinen Zugang zu diesem Stück selber ausführlich beschrieben:
Der Weltuntergang als theatralisches Ereignis ist ein ebenso traditionelles wie schockierend aktuelles literarisches Thema. Ich habe mich diesem Stoff über eine intensive Beschäftigung mit den Gedichten und Theaterstücken Jura Soyfers genähert. Das literarische Werk Jura Soyfers, der 1939 im Alter von nur 26 Jahren in einem deutschen Konzentrationslager starb, wurde erst in den letzten Jahren wiederentdeckt.
1981 schrieb ich die Bühnenmusik zu Soyfers „Der Lechner Edi schaut ins Paradies“ für eine Aufführung des Reinhardt-Seminars (Regie: Karl Paryla). Noch im selben Jahr stellte ich unter dem Titel „Soyfer-Lieder“ aus Gedichten, Szenenfragmenten und Prosaarbeiten ein abendfüllendes musikalisch-literarisches Programm zusammen. Es handelt sich um eine Folge von Liedern, Songs, Chansons und Rezitativen für einen Schauspieler, eine Schauspielerin, Klavier, Viola, Kontrabaß, E-Baß, Synthesizer und Tonband, in denen, ohne ein einziges Wort hinzugefügten Kommentars, ein Portrait Soyfers sowie der politischen Auseinandersetzungen der dreißiger Jahre entsteht. Dieses Programm war sehr erfolgreich und wurde bei den verschiedensten Typen von Veranstaltungen (Konzerte, Literaturprogramme, Jazzfestivals, Ausstellungen etc.) vorgestellt. Einige Lieder daraus verbreiteten sich über den deutschsprachigen Raum hinaus und wurden u. a. von der Australierin Robyn Archer oder der Griechin Maria Dimitriadi sowie von brasilianischen Interpreten in verschiedenen Konzerten gesungen.
1983 schrieb ich, wieder für das Reinhardt-Seminar unter der Regie von Karl Paryla, die Bühnenmusik zu Soyfers „Der Weltuntergang oder die Welt steht auf kein’ Fall mehr lang“, einer erfolgreichen Bühnenproduktion, mit der das Ensemble auch über Einladung Giorgio Strehlers in Mailand gastierte. Als Zusammenfassung und Erweiterung der bisher vorliegenden Arbeiten, aber auch als Studie zur Oper, schrieb ich 1983 die Kantate „Lied von der Erde“ für Chansonnier und Kammerensemble, die im November 1983 in New York während des Festivals „New Sounds from Vienna“ von Heinz Karl Gruber und dem Ensemble „Kontrapunkte“ unter der Leitung von Peter Keuschnig uraufgeführt wurde. Den Abschluß meiner Beschäftigung mit Soyfer wird ein Instrumentalstück bilden, die bisher noch nicht fertiggestellten Klaviervariationen über Jura Soyfers und Herbert Zippers 1938 geschriebenes „Dachaulied“, eines der eindrucksvollsten kulturellen Zeugnisse aus den faschistischen Konzentrationslagern.27
Als mir die „Wiener Festwochen“ 1982 den Auftrag für eine abendfüllende Oper erteilten, dachte ich sofort an Soyfers „Weltuntergang“. Zwischen 1934 und 1938 entwickelte Soyfer, ausgehend von Traditionen des Wiener Volkstheaters, eine eigenartige theatralische Form, die er „Mittelstück“ nannte, damit präzise das formal Wesentliche dieser Stückkonzeptionen benennend: die Mitte zwischen Kabarett und Theater. Aus diesen, scheinbar so gegensätzlichen Elementen schuf Soyfer eine originelle Synthese, die der Musik die Rolle eines Vermittlers zwischen diesen beiden Polen einräumte. Formale Klammer von Soyfers „Weltuntergang“ ist das bekannte Kometen-Thema: ein Wissenschaftler entdeckt einen Kometen, der genau auf die Erde zurast. In sketchartigen Zweier- und Ensemble-Szenen entwickelt Soyfer ein Kaleidoskop der sozialen und politischen Verhältnisse der dreißiger Jahre. Die Bemühungen des Wissenschaftlers, die Menschen auf die drohende Gefahr aufmerksam zu machen, sind zum Scheitern verurteilt: die Geschäftsmacher brauchen den Weltuntergang, um die Konjunktur anzukurbeln; die Armen sind mit dem Kampf ums tägliche Brot so beschäftigt, daß ihnen der nahende Weltuntergang als etwas Abstraktes erscheint; Beamte sehen den Selbstlauf der Bürokratie als ausreichenden Schutz an und Hitler hält den Kometen für eine neue Einkreisungsstrategie der Feinde.
Als literarisches Vorbild diente Soyfer, wie schon der Untertitel „Die Welt steht auf kein’ Fall mehr lang“ (der Hinweis auf das bekannte Knieriem-Lied) andeutet, Johann Nestroy, insbesondere dessen Lumpazivagabundus-Fortsetzung, das Zauberspiel „Die Familien Zwirn, Knieriem und Leim oder der Welt-Untergangs-Tag“. In diesem Stück geht es ebenfalls um irdische Verwicklungen angesichts eines auf die Erde zurasenden Kometen. Während Nestroy skrupellose Geschäftemacher anprangert, die mit den Ängsten der Menschen ihr Geld verdienen, schrieb Soyfer den „Weltuntergang“ 1936 als Warnung vor der drohenden faschistischen Gefahr. […]
Mich interessierte die gespenstische Aktualität, die dieses traditionelle literarische Thema ohne komplizierte Interpretationsversuche für uns heute hat: die Vernichtung der Menschheit ist zu einer jederzeit möglichen Realität geworden. Ein solches Thema läßt sich nur auf eine derbe, parodistische Weise bewältigen. Nichts wäre lächerlicher als der Versuch, die realistischen Horrorvisionen eines Films wie „The Day After“ in eine Opernform zu pressen. Ausgehend von Soyfers „Weltuntergang“ schrieb Peter Vujica (Pseudonym: Peter Daniel Wolfkind) ein völlig neues Stück, nicht eine oberflächliche Modernisierung des Themas, sondern eine Farce, die diese Problematik mit unseren heutigen, nicht mehr naiven Augen ansieht, aber die traditionellen volkstheaterhaften Elemente beibehält und weiterzuentwickeln versucht. Vujica hat Soyfers Figuren im Wesentlichen beibehalten, sie aber aus ihrem schemenhaften Sketch-Charakter zu handelnden, reagierenden Personen gemacht.
Ebenso nötig war es, der Geschichte einen allgemeineren, verbindlichen Charakter zu geben, die zahlreichen zeitgeschichtlichen Anspielungen Soyfers wegzulassen und nicht durch aktuelle politische Anspielungen zu ersetzen. Die heute tatsächlich mögliche Vernichtung der Menschheit setzt auch das traditionelle Schema von Gut und Böse außer Kraft. Beibehalten wurde jedoch eine Reihe von Lied-, Chanson- und Songtexten Soyfers, zum Teil auch aus anderen Stücken eingefügt, deren Unmittelbarkeit und literarische Qualität weit über ihren ursprünglichen, zeitkritischen Kontext hinausweist. So entstand ein Libretto, das in sechs Szenen, die jeweils durch Zwischenspiele verbunden sind, eine neue Version des Kometen-Themas entwirft.
Zu Beginn der 1. Szene, einem „Prolog im Kosmos“, werden die Planeten in ihrem, die Sphärenharmonie darstellenden „Planeten-Walzer“ durch immer falscher werdende Harmonien gestört, die die Sonne schließlich zum Abbruch des ewig gleichen Gesanges veranlassen. Die Planeten diskutieren nun die Ursache dieser „falschen Harmonien“ und entdecken als Schuldige die Erde, die sich mühsam ihre Bahn entlangschleppt. Der Mond schildert den Planeten schließlich im „Lied von den Menschen“ die Ursache für die Probleme der Erde: die unruhigen Aktivitäten der sie bewohnenden Menschen. Die Planeten besprechen besorgt die Situation, als der Komet Konrad erscheint. Sein Kometen-Schweif ist durch einen Unfall mit einer von den Menschen ausgesandten Rakete halb zerbrochen. Die Planeten beschließen nun zu handeln und schicken den Kometen Richtung Erde. Durch den Zusammenprall mit der Erde soll die Menschheit vernichtet werden.
In der 2. Szene, „Professor Guck macht eine Entdeckung“, ist die Bühne zweigeteilt: Konrad und ein unsichtbarer Chor beschreiben im „Wanderlied der Zeit“ die Aktivitäten der Menschen. Auf der Erde sitzt der Astronom Professor Guck vor seinem Fernrohr und entdeckt die tödliche Bahn des Kometen; er gibt eine Pressekonferenz. Mehrere Journalisten bestürmen ihn mit Fragen und geben sehr unterschiedliche Berichte an ihre Zeitungen durch. Professor Guck hält als eine Art Haustier den überlebensgroßen Papagei Lora, der in dieser und den folgenden Szenen das Geschehen aus seiner Sicht recht eigenwillig interpretiert.
Die 3. Szene, „Der Weltuntergang im Wirtshaus“, spielt im Gastgarten eines Wirtshauses. Die Dinge gehen nun ihren irdischen Gang: niemand will so recht an die Nachrichten vom bevorstehenden Untergang glauben; die Unterhaltungsmusik-Industrie arbeitet bereits kräftig an das Geschehen stark verharmlosenden Klischees. Ein Chansonsänger hat bereits die neuen Hits in sein Programm aufgenommen: den „Weltuntergangs-Tango“ sowie das Wienerlied „Geh’n ma halt ein bisserl unter!“. Die Gäste sind mitten in der Diskussion der neuesten Zeitungsmeldungen und raten gerade einem Selbstmörder, der seine Zeche nicht mehr bezahlen will, davon ab, sich aufzuhängen, als ein Prediger eintritt und beginnt, den Menschen ihr Sündenregister aufzuzählen. Gerade als die Gäste beginnen, Wirkung zu zeigen, dreht der Prediger den Spieß um und entpuppt sich als Vertreter für Hosenträger, der sich des Prediger-Jargons nur zur Steigerung der Umsätze bedient. Am Ende der Szene gibt Professor Guck im „Lied des einfachen Menschen“ seiner Enttäuschung über die Ignoranz und das Unverständnis der Menschen Ausdruck.
In der 4. Szene, „Die mißglückte Rettung der Welt“, hat Professor Guck mittlerweile durch seine Forschungen eine Möglichkeit gefunden, wie man die Erde retten könnte: die Konstruktion eines Gerätes, das den Kometen von seiner Bahn ablenken soll. Mehrere Regierungen haben den Bau dieses Gerätes aufgrund der hohen Kosten schon abgelehnt. Um seine Berechnungen mit Hilfe des Computers möglichst rasch durchzuführen, wendet sich Professor Guck nun an das „Staatssekretariat für Volkskreativität“, das über alle nötigen Computer-Einrichtungen verfügt und auf seinen Monitoren ständig verkündet, daß es jeden Vorschlag sofort weiterleiten wird. Er trifft auf den für die Betreuung der Geräte zuständigen Obercomputerrat, der Guck zuerst auslacht, sich dann aber bereit erklärt, die Berechnungen durchzuführen. Bei der dafür nötigen Überprüfung der Personaldaten ergibt sich für Guck zunächst die bestürzende Erkenntnis, daß der Computer selbst seine privatesten Lebensumstände und Daten bereits gespeichert hat. Schließlich verweigert der Computer Guck auch noch die notwendige Benützungsberechtigung, da er als Querulant und Weltverbesserer registriert ist. Der letzte Versuch zur Rettung der Welt ist gescheitert.
Die 5. Szene, „Der Untergang bleibt aus“, spielt unmittelbar vor dem erwarteten Eintreffen des Kometen. Der Weltuntergang ist zu einem bedeutenden Medienereignis geworden. Das Fernsehen veranstaltet, um den Zusehern den Übertritt ins Jenseits zu erleichtern, gemeinsam mit der österreichischen Fremdenverkehrsindustrie auf einer Aussichtsterrasse die große letzte Show „Den Großglockner sehen – und dann sterben“, die von zahlreichen Fernsehanstalten der Welt live übertragen wird. Die groß angekündigte internationale Star-Besetzung erweist sich allerdings als eine Kette von peinlichen Fehlern. Während die Samba zu Beginn, zu dem eine Truppe Go-Go-Girls den neuen „Weltuntergangs-Tanz“ präsentiert, auf heftige Zustimmung stößt und die gewünschte Atmosphäre hysterischer Lebensfreude auslöst, geraten die folgenden Programmpunkte zum Disaster: schon die unmittelbar darauf folgende Chorvereinigung „Abendrot“ wird mit ihrem biederen „Wanderlied“ ausgepfiffen. Der groß angekündigte Magier Reno Asturi, der das bekannte Zauberkunststück, wo ein Mensch in einem Kasten in zwei Teile zerschnitten werden soll, vorführen will, wird vom Publikum ausgelacht. Der Freiwillige aus dem Publikum, der sich für dieses Kunststück zur Verfügung gestellt hat, ist der Selbstmörder: er durchschaut den Trick und fordert, ebenso wie das Publikum, das Eintrittsgeld zurück. Das nun folgende sentimentale „ökologische Liebeslied“ des Papageis, der durch ein neuartiges Spezialtraining die Stimme einer beliebten Kammersängerin perfekt imitieren kann, löst noch größere Erbitterung im Publikum aus. Ernst und Betroffenheit kehrt erst wieder ein, als der Chansonsänger und Conférencier zum Abschluß der Show die „Moritat vom Paradies“ singt. Im Publikum bricht nun totale Panik aus. Alle starren ängstlich zum Himmel oder verstecken sich. Aber: der Untergang bleibt aus. Nach einiger Verwirrung wird schließlich die Nachricht durchgegeben, der Komet habe aus unerfindlichen Gründen seine Bahn im letzten Augenblick verändert und sei an der Erde vorbeigerast. Die Show kehrt wieder an ihren Ausgangspunkt zurück: die Leute tanzen wie verrückt den „Weltuntergangs-Tanz“.
In der darauf folgenden Verwandlung versinken die tanzenden Menschen und es folgt die 6. Szene, ein „Epilog im Kosmos“. Die Planeten geraten wieder aus dem Takt ihres Walzers. Der Komet muß sich vor den Planeten verantworten. Er erklärt im „Lied von der Erde“, warum er die Menschheit noch einmal verschont hat: beim Näherkommen habe er die Menschen besser kennengelernt und sich in sie verliebt. Der Optimismus seiner Beschreibung der Schönheit der Erde überzeugt nicht nur die Planeten, auch die Menschen gewinnen wieder Hoffnung. Nur der Papagei kann nicht so rasch umlernen, er hält an den von ihm immer wieder nachgeplapperten Sätzen vom Weltuntergang fest. Auch der Selbstmörder ist von der allgemeinen Euphorie nicht überzeugt.
Bei der Musik bin ich ganz vom Text und den darin enthaltenen verschiedenen musikalischen Ebenen ausgegangen. Schon der Grundcharakter der Handlung, eine Farce mit kräftigen, derben Späßen, bedingt eine Musik, die psychologische „Überhitzung“ vermeiden muß. Ich wollte mich sowohl vom Opernideal des 19. Jahrhunderts mit seinen psychologischen Ausdeutungen als auch von den gängigen Avantgarde-Klischees absetzen: dem von Soyfer entwickelten Typus des „Mittel-Stücks“ eine „Mittel-Oper“ gegenübersetzen. Ein Musiktheater schaffen, das traditionelle Mittel der Oper keineswegs ignoriert, wenn auch nicht immer so ernst nimmt wie unser konservatives Opernpublikum, andererseits aber Mitteln des zeitgenössischen Musiktheaters aus anderen Bereichen gegenüber offen bleibt. So entstand eine Form, die sich – wie manche andere meiner Kompositionen – konsequent zwischen die Stühle der etablierten musikdramatischen Genres setzt: eine Synthese von Oper, Kabarett, Musical, Revue, musikalisch-literarischen Formen etc. […].
Formal am besten bewältigbar waren diese Probleme in einer Art „Nummern-Oper“. Den sechs Szenen entsprechen 30 musikalische Nummern, die die verschiedensten Genres anklingen lassen: Arien, Chansons, Songs, Lieder, Rezitative, Duette, Terzette, instrumentale Partien etc. Vom Musikalischen her war dieses Thema für mich auch deshalb interessant, da musikalische Mittel verschiedenster Herkunft, die einander in traditionellen Konzepten ausschließen, unmittelbar aufeinandertreffen müssen. Ein Problem, das mich als Komponist immer schon beschäftigt hat: wie kann man disparatestes musikalisches Material aufeinanderprallen lassen und dennoch in ein einheitliches kompositorisches Konzept zwingen?
Den verschiedenen Handlungsebenen entsprechen verschiedene musikalische Materialien und Stile: die Show-Ebene im Wirtshaus und in der Untergangs-Revue manifestiert sich in einer Reihe von Stilzitaten: Tango, Samba, Walzer, Wienerlied. Auftritten einzelner Personen entsprechen Zitate formaler Mittel der traditionellen Oper, etwa die beiden Arien des Papageis oder die Arie des Weltuntergangspredigers, die schließlich zu einer Schlager-Verkaufsmusik wird (übrigens eines der wenigen wirklichen Zitate der Oper). Eine ebenso wichtige Rolle spielt eine Reihe von melodischen oder rhythmischen „Leitmotiven“, die sich durch das ganze Stück ziehen, etwa eine chromatische Sechzehntelbewegung, die für das Herannahen des Kometen steht und schon das Vorspiel bestimmt. Ein im „Lied von den Menschen“ des Mondes erstmals auftauchendes „Menschen-Thema“, das in zahlreichen Verwandlungen zum melodischen Grundgerüst des Sambas der Untergangsshow wird; ein auf einer Art „Herzschlag-Rhythmus“, dem wieder 4 Tonhöhen entsprechen, aufgebautes „Medien-Thema“; oder ein in den Show-Szenen (und verwandelt auch in anderen Szenen) auftretendes „Todes-Thema“ etc.
Die Stil- und Genrezitate bedingen auch über weitere Strecken den massiven Einsatz tonaler Mittel, die fallweise gebrochen oder verfremdet werden. Mir ging es darum, in der Welt der jeweiligen Szenen zu bleiben und deshalb z. B. in der Wirtshaus-Szene einen wirklichen Kommerz-Tango zu schreiben und nicht, wie so oft geschehen, auf Grund angeblich „gehobener Ansprüche“ den Tango mit falschen Noten zu durchsetzen. Die Welt des Computers in der 4. Szene wird dagegen von einem im einleitenden instrumentalen „Monolog des großen Bildschirmes“ entwickelten quasi-seriellen System beherrscht: von 22 sich bis zur Zwölftönigkeit verdichtenden Akkorden, wobei den zwölf Tonhöhen zwölf Rhythmen entsprechen, deren Herkunft erst in der Samba der Show-Szene deutlich wird.
Um traditionell opernhafte Wirkungen etwas zu mildern, habe ich mich auch gegen ein großes Orchester und für ein aus 18 Musikern bestehendes Kammerensemble entschieden, das E-Baß, E-Gitarre und akustische Gitarre sowie eine Reihe exotischer Schlaginstrumente einschließt und die Blechbläser etwas massiver auftreten läßt. Wenn dem Publikum angesichts unserer wahnwitzigen Realität das Lachen manchmal im Hals stecken bleibt und es trotzdem weiterlacht, bin ich schon zufrieden.28
Abbildung 7: Wilhelm Zobl, Planetenwalzer (für Vollbild anklicken)
Nun ist ja der gesamte „Weltuntergang“ eine Art „fake“-Stück, da das Titel-Ereignis ja nicht stattfindet, was de facto das gesamte Publikum weiß. Und so ist auch gleich der eröffnende „Planetenwalzer“ (Abbildung 7) von köstlicher Doppelbödigkeit. Während im Vorspiel die Violinen eine reine G-Dur-Melodie spielen, steigt der Baß vom „G“ aus mit Halbtonschritten aufwärts (G–Gis–A–B–H–c) und läßt zu diesen chromatischen Tönen jeweils einen zu ihnen „passenden“ Akkord erklingen. Dieser „chromatische Quartaufstieg“ ist allerdings eine besondere Form der alten musikalisch-rhetorischen Figur des „passus duriusculus“, die „schmerzhaftes Bitten“, ja Flehen versinnbildlichte. Zobl stellt hier also den gleichsam „unbesorgten“, „oberflächlich“ die Warnung vor dem Kometen mißachtenden Violinen (mit ihrer schlichten, fast tänzerischen Dur-Melodie) eine die Gefahr erkennende und ihr „Nichteintreten“ erhoffende Baß-Linie entgegen, fängt hier also mit rein musikalischen Mitteln die Grundthematik der ganzen Oper ein.
Sowohl hier als auch im weiteren Verlauf des Werkes schwankt Zobls Musik gemäß dem Inhalt des Werkes zwischen gleichsam übertriebenem Ernst und köstlicher Komik, und sein postmodernes Stilgemisch, das leicht verträgliche Atonalität, bewußt traditionelle Tonalität und zündende Tänze aus dem Bereich der Unterhaltungsmusik koppelt, steht auf der Höhe der sogenannten (musikalischen) „modernen Einfachheit“ der 1980er Jahre. Trotzdem ist die Art, wie Zobl die Musik mit Symbolgehalt erfüllt und dabei den Text immer geradezu akribisch ausdeutet, beste musikgeschichtliche Tradition. So baut er in die bald folgende Beteuerung des Mondes, nicht die Fehler der geliebten Frau Erde verraten zu wollen, zunächst parallele Sextakkorde ein, die als „fauxbourdon“ („falscher Baß“) ein altes Symbol für Schlechtes und Falsches darstellten, ehe er im Baß nacheinander verminderte Quint und Tritonus erklingen läßt. Die verminderte Quint ist als alte „Quinta deficiens“ nun aber immer Symbol für etwas Fehlendes, für ein Defizit – und auf der Erde fehlt ja einiges bzw. existieren genügend Fehler; und der Tritonus ist, wie bekannt (siehe oben), der „diabolus in musica“, also der Teufel, der Fehler und Sünde auf die Erde bzw. in die Welt gebracht hat.29
Bei der Frage „Was soll’n wir tun“, um uns vor den Menschen zu schützen, singen dann alle Planeten chromatische Linien und drücken somit ihren Schmerz und ihre Angst aus, wobei die Führung b–a–as gleichermaßen die Tonalität sprengt wie das folgende g–as–g–as–g–fis; noch dazu erklingt der letztgenannte Ton gemeinsam mit dem „c“ des Basses, wodurch erneut der negativ konnotierte Tritonus erklingt.
Abbildung 8: Wilhelm Zobl, Es schwebt im Kosmos ein Planet (für Vollbild anklicken)
Der „Planetenwalzer“ erklingt auch noch am Beginn der 6. Szene (Abbildung 8), wo sich der Komet vor den Planeten verantworten muß. Hier paßt sich die (jetzt etwas bewegtere) Begleitung zunächst ebenfalls dem G-Dur-Duktus der Planeten-Singstimmen an, doch wenn nach dem über e-Moll nach fis-Moll schreitenden Zwischenspiel die Walzermelodie zu dem Text „Wir dreh’n uns um die eigne Achs’“ erneut erklingt, symbolisiert Zobl dieses „drehen“ durch ein „Drehen“ des Begleitakkordes: An die Stelle des dissonanzlosen e-Moll-Dreiklanges tritt die erste Umkehrung (als Quintsextakkord) des Dominantseptakkordes auf „e“ (Gis–h–d–e), wodurch sich die Baß-Führung zu einer chromatischen Linie (G–A–Gis–G) wandelt. Die Planeten sind ja doch etwas verärgert, was sich in der Folge noch deutlicher zeigt, und zwar in „aufgebrachten“ Dissonanzen sowie in verschiedenen Verfremdungen der Melodie.
Abbildung 9: Wilhelm Zobl, Planeten-Ensemble (für Vollbild anklicken)
Zurück in die erste Szene, an deren Ende das „Planeten-Ensemble“ (Abbildung 9) erklingt. Wenn die Planeten den Kometen mit den Worten „Konrad saus! Konrad braus! Zur Erd’ hinaus!“ zur Erde schicken, hören wir im Orchester zunächst einen weitgehend parallel geführten, im 6. Takt (T. 254) sogar vierstimmigen Abstieg, der aber im 3. und 4. Takt (251f.) sofort auseinanderdriftet und dieselbe Melodie zeitverschoben erklingen läßt – Konrad saust zunächst, danach braust er. Und mit dem Einsatz des Chores ist das Auseinanderdriften im Orchester (und partiell auch im Chor) sofort präsent, ehe der Chor bereits im 3. Takt (257), das Orchester dann im 4. Takt (258) zu völliger Parallelführung übergehen.
Bitonalität und scharfe Dissonanzen verbindet später die Arie des Papagei „Untergeh’n, oh wie schön, Lora Zucker kriegen“, wobei im Orchester erneut eine chromatische Linie, hier as–g–ges(=fis)–f, erklingt und das Wort „kriegen“ durch die „Quinta deficiens“ als etwas, das „fehlt“, ausgewiesen ist – vielleicht zusätzlich auch als charakterliches Defizit des Papageis. Und der „größer werdende“ Zuckerfleck erhält gleichsam selbstverständlich ein „vergrößertes“ Intervall: f-cis, eine übermäßige Quint.
Und selbstverständlich erklingt auch, wenn der Prediger nach dem nahenden Ende frägt, das den Menschen wie der Teufel „im Nacken hockt“, ein Tritonus, und das sogar zweimal: f–h aufwärts bei „im Nacken“ und b–e aufwärts zum Wort „hockt“. Die „Leiber“ erscheinen dann durch ein großes Intervall bildlich als „groß“ dargestellt, doch wenn sie eingeschnürt werden, singt der Prediger eine gleichsam eingeschnürte chromatische Linie.
Abbildung 10: Wilhelm Zobl, Der Weltuntergangsprediger (für Vollbild anklicken)
In dieser Nummer, „Der Weltuntergangsprediger“ (Abbildung 10), sagt der Prediger den Weltuntergang in „ernstem“ c-Moll voraus und stellt seine Worte über einen zweimal erklingenden absteigenden „Lamento“-Baß (C–B–As–G–), doch die zweimalige Schlußkadenz geht jeweils mit der Führung As-Dur/g-Moll vor sich und nicht mit der „normalen“ Kadenz, die als vorletzten Akkord den Dur-Dreiklang der 5. Stufe (hier G-Dur) verwendet hätte. Die Kadenz mit der „penultima“ (dem vorletzten Akkord) g-Moll ist hingegen eine sogenannte „modale Kadenz“, eine archaische, aus der Modalität (den sogenannten „Kirchentonarten“) bezogene Führung. Zobl ordnet dem „Prediger“ also eine quasi-religiöse Sphäre zu, durch welches Outrieren die Nachricht zusätzlich als wohl nicht tatsächlich eintreffend gekennzeichnet wird. Die folgende Anklage „Ihr aber, wie geht ihr durch diese Welt“ unterlegt er dann mit fanfarenhaften daktylischen Rhyhmen, die wohl an das Jüngste Gericht gemahnen sollen.
Abbildung 11: Wilhelm Zobl, Geh’n ma halt a bisserl unter (für Vollbild anklicken)
Die folgende Nummer, Lied und Ensemble „Geh’n ma halt a bisserl unter“ (Abbildung 11), ist hingegen völlig diatonisch als Ohrwurm gestaltet und kennt anscheinend keinerlei Eintrübung, zumindest auf der Ebene der Tonalität. Doch wird auch hier sehr wohl eine Störung der Atmosphäre eingebracht, und zwar durch die rhythmische Gestaltung. Der walzermäßige 3/4-Takt, der zunächst auftaktig angelegt ist und auch in der Begleitung sozusagen „richtige“ Betonungen erfährt („schrumm–ta–ta“), weicht bei „in der Kuchl“ (Takt 255f.) – angesichts der Tatsache, daß die hier angesprochene „Marie“ wegen des angesagten Weltuntergangs verweint ist – gleichsam einer volltaktigen Hemiole, einem quasi-3/2-Takt: „in der Ku-chel“; und das nach einer „Seufzerpause“, die (als „suspiratio“) wieder ein altes Kunstmittel aus den Zeiten der musikalischen Rhetorik ist.
Diese eingebaute Hemiole, der auch das „schrumm–ta–ta“ der Begleitung fehlt, zeigt hier erstmals an, daß etwas nicht stimmt, und hinterfrägt die allgemeine, aber doch wohl nur gespielte Unbeschwertheit. Später folgen sogar echte Falsch-Betonungen: bei „Der Franz aber lacht“ (Takt 264), bei „Was mir das schon macht?“ (T. 266) und vor allem bei „Ich weiß mir dazu ein Sprü-chel!“ (T. 268ff.). Diese Anhäufungen von von Fehl-Deklamationen können nun wirklich nicht mehr als verschobene Hemiolen gedeutet werden, die erst wieder beim Refrain tatsächlich, aber abwechselnd mit „normalen“ 3/4-Takten, eintreten: „Geh’n ma halt a bisserl unter“ (T. 271f.), „mit Tschintschin in Viererreih’n“ (T. 274f.) sowie „Immer lustig fesch und munter“ (T. 277f.). Die Baß-Begleitung behält auch unter den Hemiolen ihr walzermäßiges „schrumm–ta–ta“ bei und versinnbildlicht so die gleichsam gespaltene Gefühlslage der Menschen.
Wenn sich dann aber in der 5. Szene jemand beim Zauberer Reno Asturi melden soll, um zerschnitten und wieder zusammengesetzt zu werden, dann ist der Tod so handgreiflich, daß derselbe Text mit stockenden Taktwechseln und wieder falsch betont vorgetragen wird: „Geh’n ma halt ein bis- | sérl unter“. Das „Gar so arg wird’s schon net sein“ schließlich ist mit Hilfe der ärgsten Verstöße gegen die klassiche Harmonielehre gestaltet: mit parallelen Quinten und parallelen Oktaven (die hier aber laut Text, weil die Szene nicht wirklich ernst ist, als „net ganz so arg“ gesehen werden).
Knapp vor dem „großen Augenblick“ des Weltuntergangs setzt wieder die bereits bekannte chromatische Linienführung ein, wobei Sopran und Alt zunächst immer wieder „cis“ und „es“ zugleich erklingen lassen und somit gleichsam nicht und nicht aus ihrer schmerzhaften Angst finden, die durch die Chromatik des Orchesters eine zusätzliche Ausdeutung und Verstärkung erfährt. Die sich fürchtende Mausifrau drückt dies wieder mit einer verminderten Quint aus, die der Mausimann dann chromatisch durchschreitet, solcherart aber letzten Endes denselben Affekt aufgreift und dieselbe Angst zeigt. Und die Männer, denen der Wein nicht mehr schmeckt, übernehmen diese Führungen ebenfalls: Chromatik und verminderte Quint.
Abbildung 12: Wilhelm Zobl, Und ihre Zukunft ist herrlich und groß (für Vollbild anklicken)
Nachdem dann der Komet in seinem „Lied von der Erde“ seine Liebe zu den Menschen dargelegt hat („Denn nahe, viel näher als ihr es begreift, hab ich die Erde gesehn“) und auch den Menschen klargeworden ist, daß der Weltuntergang nicht stattfindet, finden alle in einem Schlußchor zu einem ausgelassenen Jubilus: „Von Schönheit hell entflammt ist diese Erde, | Und ihre Zukunft ist herrlich und groß.“ Der Jubel entlädt sich nach anfänglichem sowie immer wieder eingebrachtem fis-Moll dann doch in A-Dur und E-Dur, wird aber nach dem Suizid des Selbstmörders, der „sich doch aufgehängt hat“, schnell durch den Papagei konterkariert, der die „herrliche und große“ Zukunft mit dem „schönen Untergeh’n“ konfrontiert (Abbildung 12). Das Geschehen wendet sich wieder dem „fis“ zu, wodurch die „herrliche Zukunft“ deutlich in Frage gestellt wird, was auch für sämtliche Haupttöne gilt, deren Bedeutung durch chromatische Nebentöne eine Relativierung erfährt. Dem ersten Deklamationston „d“ folgt sogleich das „des“, das mit dem „g“ das Wort „Zukunft“ intoniert, wodurch eine „quinta deficiens“ gegeben ist – erneut eine Darstellung bzw. Andeutung von „Fehlendem“ bzw. „Fehlern“. Und die wie absteigendes c-Moll anhebende Phrase „ist herrlich und groß“ läßt der Quasi-Dominante „g“ das „fis“ folgen, wodurch sich einerseits der Schlußton des Werkes einstellt, andererseits ein „neapolitanischer“ Halbton-Anschluß (siehe oben bei Marcel Rubin) und somit eine besonders negative Semantisierung.
Besonders schön ist dann die Schalkhaftigkeit Zobls, „normale“ Dreiklänge wie atonale Führungen aussehen zu lassen. Das erste „Untergehn“ (f–b–cis) ist, wenn man das „cis“ als „des“ sieht, de facto der b-Moll-Quartsextakkord f–b–des (T. 317), das zweite, aus den gleichen Tönen bestehend (f–cis–b), stellt den b-Moll-Dreiklang dar, und das letzte „Untergehn“ (ges–cis–b) den Ges-Dur-Sextakkord, gleichzeitig (bei enharmonischen Umbenenungen der Töne) den Fis-Dur-Sextakkord (T. 320). Das Werk endet nach mehrmaligem leittönigen Ansingen des (als „ges“ geschriebenen) Grundtones „fis“ (durch als „f“ geschriebes „eis“) mit einem scharfem Triller auf diesem Zentralton des Werkes für das Wort „Schön!“. Die „so hart wie möglich“ in vierfachem forte abzureißende Schluß-Dissonanz zeigt uns aber endgültig, daß es mit der „Schönheit“ nicht so weit her ist bzw., daß nur das „Untergeh’n“ dieses Attribut verdient.
1* Der Beitrag ist in jener Rechtschreibung abgefaßt, deren sich auch Marcel Rubin und Jura Soyfer zeit ihres Lebens bedienten.
Hiezu siehe: Über die Entstehung des Dachau-Lieds. Mit Herbert Zipper sprach Wilhelm Zobl, in: Österreichische Musikzeitschrift 43 (1988), S. 666-676, hier S. 670.
2 Siehe auch: Paul F. Cummins, Musik trotz allem. Herbert Zipper – Von Dachau um die Welt [New York (Peter Lang) 1992], Wien (Lafite) 1993, hier S. 97–101.
3 Hartmut Krones, Das „Dachau-Lied“: Jura Soyfer, Herbert Zipper und Marcel Rubin, in: Dramatik, „global towns“, Jura Soyfer, hrsg. von Herbert Arlt (= Österreichische und internationale Literaturprozesse 12), St. Ingbert (Röhrig) 2000, S. 184–199. Um vor allem musikanalytische Aspekte erweitert: Hartmut Krones, Jura Soyfers Dachau-Lied in seinen Vertonungen durch Herbert Zipper und Marcel Rubin, in: Komposition als Kommunikation. Zur Musik des 20. Jahrhunderts, hrsg. von Constantin Floros, Friedrich Geiger und Thomas Schäfer (= Hamburger Jahrbuch für Musikwissenschaft 17), Frankfurt am Main (Peter Lang) 2000, S. 139–153.
4 Zu Rubins Leben und Wirken siehe u. a.: Hartmut Krones, Marcel Rubin (= Österreichische Komponisten des XX. Jahrhunderts, Band 22), Wien 1975 (Lafite), Nachtrag Wien 1989. Weiters: Hartmut Krones, Rubin, Marcel, in: The New Grove. Dictionary of Music and Musicians. Second Edition, hrsg. von Stanley Sadie, Vol. 21, London (Oxford University Press) 2001, S. 841, sowie Hartmut Krones, Rubin, Marcel, in: MGG. Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite, neubearbeitete Ausgabe, hrsg. von Ludwig Finscher. Personenteil 14, Kassel etc. (Bärenreiter) 2005, Sp. 583–585.
5 Hiezu siehe Hartmut Krones, Marcel Rubin in der französischen Emigration, in: Douce France ? Musik-Exil in Frankreich. Musiciens en exil en France. 1933–1945, hrsg. von Michel Cullin und Primavera Driessen Gruber, Wien-Köln-Weimar (Böhlau) 2008, S. 131–145 sowie S. 379–392
6 Hiezu siehe Hartmut Krones, Marcel Rubin und das österreichische Exil in México, in: Geächtet – verboten – vertrieben. Österreichische Musiker 1934 – 1938 – 1945, hrsg. von Hartmut Krones (= Schriften des Wissenschaftszentrums Arnold Schönberg, Band 1), Wien-Köln-Weimar (Böhlau) 2013, S. 521–550. Weiters Hartmut Krones, Marcel Rubin y la comunidad musical austríaca en México, in: La música del exilio Austriaco en América [Universität Mexico City, Symposion vom 10. Juni 1999], México 1999, S. 30–34.
7 Siehe Walter Hammer, Hohes Haus in Henkers Hand. 2. Auflage Frankfurt am Main 1956, S. 71, sowie Deutsche Widerstandskämpfer 1933–1945. Biographien und Briefe, hrsg. vom Institut für Marxismus-Leninismus beim Zentralkomitee der SE. Band I, Berlin 1970, S. 615ff.
8 Siehe Hartmut Krones, Hanns Eisler, Marcel Rubin und die Wiener kommunistische Presse, in: Hanns Eisler – Ein Komponist ohne Heimat ?, hrsg. von Hartmut Krones (= Schriften des Wissenschaftszentrums Arnold Schönberg, Band 6), Wien-Köln-Weimar (Böhlau) 2012, S. 187–280.
9 Vgl. Hartmut Krones, Anton Webern, die „Wiener Schule“ und die Arbeiterkultur, in: Anton Webern. Persönlichkeit zwischen Kunst und Politik, hrsg. von Hartmut Krones (= Wiener Schriften zur Stilkunde und Aufführungspraxis, Sonderband 2), Wien–Köln–Weimar 1999, S. 51–85.
10 Siehe Hartmut Krones, „[…] die beweglichen Sachen des sozialdem. Vereines […] freihändig zu veräussern“. Das Schicksal der Arbeitersänger im Austrofaschismus, in: Geächtet – verboten – vertrieben. Österreichische Musiker 1934 – 1938 – 1945, hrsg. von Hartmut Krones (= Schriften des Wissenschaftszentrums Arnold Schönberg, Band 1), Wien–Köln–Weimar 2013, S. 39–116.
11 Vgl. Manfred Permoser, „A bisserl bitter – und a bisserl Zucker“ – Zur Musik Jimmy Bergs im politisch-satirischen Kabarett der 30er-Jahre, in: Anklaenge 2016. Studien zur österreichischen Popularmusik im 20. Jahrhundert, hrsg. von Christian Glanz und Manfred Permoser, Wien 2017, S. 55–92.
12 Text gemäß Jura Soyfer (1912–1939), Edition 2012. Band I: Dramatik, hrsg. von Herbert Arlt, Wien 2012, S. 95.
13 Text gemäß ebenda, S. 120.
14 Laut Christian Friedrich Daniel Schubart vertrat f-Moll „tiefe Schwermuth, Leichklage, Jammergeächz, und grabverlangende Sehnsucht“. Schubart, Ideen zu einer Ästhetik der Tonkunst, hrsg. von Ludwig Schubart, Wien 1806, S. 377–380, hier S. 378.
15 Siehe Hartmut Krones, „Meine Lebenszeit verstreicht“. Zum Symbolgehalt von Beethovens „Gellert-Liedern“, in: Kunstwerk und Biographie. Gedenkschrift Harry Goldschmidt, hrsg. von Hanns-Werner Heister, Berlin 2002, S. 277–295.
16 Zu den musikalisch-rhetorischen Figuren und ihren Bedeutungsfeldern siehe insbesondere Hartmut Krones / Robert Schollum, Vokale und allgemeine Aufführungspraxis, Wien-Köln 1983, hier S. 37–63; Dietrich Bartel, Handbuch der musikalischen Figurenlehre, Laaber 1985, 5. Aufl. 2007; Hartmut Krones, Musik und Rhetorik, in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart [MGG]. Zweite, neubearbeitete Ausgabe, hrsg. von Ludwig Finscher. Sachteil 6, Kassel etc. 1997, Sp. 814–852, insbes. Sp. 826–832; Hartmut Krones, Musikalische Figurenlehre, in: Gert Ueding (Hrsg.), Historisches Wörterbuch der Rhetorik 5, Tübingen 2001, Sp. 1567–1590. Darüber hinaus zu diesem Kapitel siehe Hartmut Krones (Hrsg.), Rhetorik und Musik (= Rhetorik. Ein internationales Jahrbuch, Band 35), Berlin/Boston 2016.
17 Laut Schubart (Anm. 12, S. 378) vertrat es-Moll „Empfindungen der Bangigkeit des aller tiefsten Seelendrangs; der hinbrütenden Verzweiflung; der schwärzesten Schwermuth, der düstersten Seelenverfassung.
18 As-Dur war „der Gräberton. Tod, Grab, Verwesung, Gericht, Ewigkeit liegen in seinem Umfange“. Schubart (Anm. 12, S. 378).
19 Österreichische Zeitung. Zeitung der Sowjetarmee für die Bevölkerung Österreichs Nr. 120 (575), 28. Mai 1947, S. 6. Die Theatergruppe „Jura Soyfer“ war wohl mit der „Zentralen Theatergruppe der FOeJ“ (Freie österreichische Jugend) identisch, die am 11. Mai das ganze Stück „Der Lechner Edi schaut ins Paradies“ aufführte. Und damals leitete Heinz Hammer, der Regisseur der Aufführung, den Abend mit einer „Vorlesung aus Werken Jura Soyfers“ ein. Österreichische Zeitung Nr. 112 (567), 17. Mai 1947, S. 5.
20 Welt am Abend Nr. 125, 24. März 1947, S. 3.
21 Österreichische Volksstimme Nr. 40, 16. Februar 1947, S. 5.
22 Österreichische Volksstimme Nr. 42, 19. Februar 1947, S. 4.
23 Gemäß Welt am Abend Nr. 92, 11. Februar 1947, S. 7, weiters Österreichische Zeitung Nr. 67 (522), 20. März 1947, S. 6, sowie Wiener Kurier 3 (1947), Nr. 188, 16. August, S. 5.
24 Text gemäß Jura Soyfer, Edition 2012 (Anm. 13), S. 51f.
25 Ein Mitschnitt der damaligen Aufführung des „Weltuntergang“ wurde auf einer CD der Reihe „Österreichische Musik der Gegenwart“, hrsg. vom Österreichischen Musikrat, 1992 veröffentlicht (Amadeo 437559-2
26 Zu diesem Werk sowie allgemein zu Zobls Œuvre (und Biographie) siehe Hartmut Krones, Österreichische Anti-Kriegs-Musik der 1970er bis 1990er Jahre, in: „Melos“ und „Ethos“: gestern, heute, … morgen ? [Symposium Melos-Ethos 2009. Bratislava, 10.-12. November 2009], hrsg. von Nadá Hrcková, Bratislava 2009, S. 33–46.
27 Nach dem Verfassen dieses Textes hat Wilhelm Zobl dem Autor von seinem Plan erzählt. Ich habe ihm dann berichtet, daß Marcel Rubin völlig unabhängig von Soyfer und Zipper ebenfalls das „Dachaulid“ vertont hat. Daraufhin traf Zobl mit Rubin zusammen, erhielt von diesem seine eigene Vertonung des „Dachauliedes“ und schuf dann die „Variationen über das Dachau-Lied (1981–1985)“ für Klavier, in denen beide Lieder verarbeitet werden. Die letzte (20.) Variation ist speziell „Für Marcel Rubin zum 80. Geburtstag“ (7. Juli 1985) geschrieben. Am 9. Jänner 1990 vollendete Zobl dann noch die eigenständige Komposition „Nach Dachau …“ für großes Orchester.
28 Wilhelm Zobl, Der Weltuntergang als Oper, in: Österreichische Musikzeitschrift 39 (1984), S. 218–222. Gekürzt auch im Booklet der CD (Anm. 17).
29 Zu den „musikalisch-rhetorischen Figuren“ siehe die Anm. 14 angeführte Literatur.