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Nr.
1/1997 |
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Kunst und Zukunftsgestaltung Margarete Lamb-Faffelberger (Easton, USA): Hans Marte/Alfred Schmidt (Wien): Die österreichische Nationalbibliothek in der modernen Informationslandschaft: Herausforderungen - Chancen Dokumentationsgespräch mit Harald Gardos (Wien): Zur Österreichischen UNESCO-Kommission Dokumentationsgespräch mit Annemarie Türk (Wien): "...daß die Saat sehr bald aufgeht" Dokumentationsgespräch mit Kurt Bartsch (Graz): Herbert Arlt (Wien): Maria Hackl/Elene Hackl: Aufführungen ("Streik der Diebe", "Verbirg, verbirg..", Paris, Weimar, Sarnen, Wien) Rezensionen (Haider-Pregler/Reiterer - Schmidt-Dengler - Kreissler) Der Triumph des Scheins. Zu Stücken von Alexander Lernet-Holenia
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Editorial | Gerade im Zuge der europäischen Prozesse ist eine breite öffentliche Diskussion zur Zukunftsgestaltung entstanden. Immer mehr tritt ein Staatsmodell in den Mittelpunkt, das Jura Soyfer in seinem Stück "Astoria" eindringlich dargestellt hat: der "Staat an und für sich". Dies ist kein Staat, der sich um den Ausgleich von Interessen bemüht, sondern ein "Nationalstaat", der auf seine nackten Gewaltstrukturen reduziert wird. Doch es gibt auch andere Perspektiven. In einer Informationsbroschüre des Europäischen Parlaments heißt es: "Der Zweite Weltkrieg hatte über Europa unermeßliches Leid gebracht. Nach 1945 war der Wunsch der Menschen groß, jene politische Struktur zu beseitigen, die mitverantwortlich gemacht wurde für die Kriege im 19. und 20. Jahrhundert: die Aufteilung Europas in mehr als zwei Dutzend uneingeschränkt souveräne Nationalstaaten." (Europa 2000, Köln 1996, S.6.) Der Beitrag der Jura Soyfer-Gesellschaft zur Zukunftsdiskussion war unter anderem eine Podiumsdiskussion zum Thema "Kunst und Zukunftsgestaltung". Im Zentrum standen Möglichkeiten und Bedeutung von Kunst, Kultur, Kulturwissenschaften in heutigen Prozessen, die aus unterschiedlichen Blickwinkeln aufgezeigt wurden. Aber auch weitere Beiträge in diesem Heft weisen in diese Richtung: die zunehmende Bedeutung von Frauen in österreichischer Literatur und österreichischem Film wie sie von US-WissenschafterInnen rezipiert wird, um die Bestimmung der neuen Funktion von Bibliotheken bei einer rasanten Verbreitung des Internet, die Leistungen der Österreichischen UNESCO-Kommission sowie von "KulturKontakt" in heutigen Kulturprozessen, Aspekte literaturwissenschaftlichen Arbeitens. Daß Soyfer in diesen Prozessen eine nicht unbedeutende Rolle zukommt, zeigen die internationalen szenischen Lesungen des Dario Fo-Theaters, die Aufführungen in Weimar, Sarnen, Paris sowie einige Sekundärliteratur, die in diesem Heft besprochen wird. In Vorbereitung sind auch Übersetzungen ins Serbische, Kroatische, Türkische. Sprachen/Kommunikationsstrukturen: Im Gegensatz zu seiner Kulturdefinition nimmt Huntington zur Thesenbildung apodiktisch Aspekte des von ihm kritisierten Denkens des 19. Jahrhunderts auf - "Die zentralen Elemente jeder Kultur oder Zivilisation sind Sprache und Religion" (S.81.) - und begründet, warum auch Englisch keine Weltsprache sein könne: "Der Anteil der Englischsprechenden fiel von 9,8 Prozent der Menschen, die 1958 eine von mindestens einer Million Menschen gesprochene Sprache sprachen, auf 7,6 Prozent im Jahre 1992" (S.82.), gesteht aber zu, daß "Englisch die Art (ist), wie die Welt interkulturell kommuniziert" (S.84). Wenngleich die Menschen in den von ihm entworfenen 8 Kulturkreisen (s. die Karte S.30/31) und selbst in den einzelnen "Kernstaaten" eine Vielzahl von unterschiedlichen Sprachen sprechen, zitiert er zustimmend: "Der Konflikt zwischen den Multikulturalisten und Verteidigern der westlichen Kultur und des amerikanischen Credos ist laut James Kurth 'der eigentliche Kampf' im amerikanischen Teil des westlichen Kulturkreises." (S.505.) Vergangenheit und Zukunftsgestaltung: Die alten Sichtweisen, die sich auch in der unreflektierten Verwendung von Begriffen wie "Rassen" widerspiegeln, bedingen eine pessimistische Perspektive. Kritisch vermerkt er dagegen: "Die Teufel der Vergangenheit erleben ihre Auferstehung in der Gegenwart... In Kriegen zwischen Kulturen ist die Kultur der Verlierer" (S.443/444), kritisiert die mangelnde Förderung von Studien zum internationalen Forschungsfeld Krieg und Frieden (S.14), schließt das Buch unter Wendung der oben zitierten Terminologie mit dem interkulturellen Aufruf zum "größeren Kampf, (dem) globalen 'eigentlichen Kampf' zwischen Zivilisation und Barbarei" (S.531). Zugleich klammert Huntington aber die Argumente und Datenfelder der UNESCO und andere Darstellungen von Kulturen aus. Er verwendet sogar Wissenschafter als Zeugen für seine Thesen (z.B. Béhar, S.252), die andere Positionen vertreten (s. dazu Béhar zu Sprache und Kultur in diesem Heft). Im Vergleich mit seiner eigenen Kultur- und Zivilisationsdefinition enthält das Buch feldmäßig beschränkte, widersprüchliche Thesen zu (potentiellen) Machtkämpfen. Doch ohne relevante Entwicklung eines empirisch abgesicherten internationalen wissenschaftlichen Diskurses, wird bei internationaler Dominanz eines kulturpolitischen Denkens, das nur den von Huntington analysierten Faktoren verpflichtet bleibt, dem "Clash of Civilizations" wohl eine große Wahrscheinlichkeit eingeräumt werden müssen. |
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